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Großbritanniens Premier Johnson schickt das Unterhaus in eine fünfwöchige Zwangspause. Die Queen genehmigte die "prorogation", also die Schließung des Parlaments, vom 3. September bis zum 14. Oktober. Ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit können die Abgeordneten damit aus Zeitmangel kaum noch beschließen. Kommentatoren versuchen Johnsons Motive zu ergründen.
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Gefährlicher Putschversuch
Johnson beschädigt die altehrwürdigen politischen Traditionen seines Landes, schimpft Berlingske:
„Es ist gewiss keine demokratische Lösung für den gordischen Knoten Brexit, die Macht der Volksvertreter zu begrenzen. Johnson hätte sich stattdessen weiter konsequent um die Neuverhandlung des Austrittsvertrags bemühen sollen, um das Ergebnis dann dem Parlament oder den Wählern vorzulegen. Mit dem Versuch, eine Lösung herbeizuputschen, setzt er die britische Demokratie aufs Spiel. ... Zudem setzt er ein schlimmes Beispiel für autoritäre Politiker. Wenn der Premier der weltweit traditionsreichsten Demokratie ein ihm unbequemes Parlament schließen kann, wie sollen wir dann Putin oder Orbán kritisieren, wenn sie Lust bekommen, das Gleiche zu tun?“
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Johnson hält nur sein Wort
Man sollte sich nicht über Johnson wundern, betont Ethnos:
„Es gibt keinen 'Putsch', keinen 'Skandal', keine 'Abweichung'. Was legal ist, muss nicht moralisch sein. ... Und wenn Johnson beschließt, das Parlament auszuschalten, tut er dies, weil die britische Verfassung es ihm erlaubt. ... Als eingefleischter Euroskeptiker, der er ist, (einige führen seine Euroskepsis sogar auf die hässlichen Kindheitsjahre zurück, die er in Brüssel als Sohn eines 'Eurokraten' verbracht hat), hat Johnson immer gesagt, er würde einen harten Brexit liefern, was er nun auch getan hat, oder dem er zumindest bedrohlich nahe gekommen ist.“
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Eskalation um des Wahlsiegs willen
Dem Premier geht es vor allem darum, sich möglichst gut für eine vermutlich bald stattfindende Neuwahl in Stellung zu bringen, erläutert The Guardian:
„Johnson lässt dem Parlament bewusst genug Zeit, wieder die Kontrolle über den Brexit-Prozess zu übernehmen. Denn in Wirklichkeit will er das Thema Brexit einsetzen, um eine Parlamentswahl zu gewinnen - und nicht mithilfe einer Parlamentswahl den Brexit sichern. Indem er seine Gegner unter Zugzwang setzt, schafft er die Basis für eine 'Das Volk gegen das Parlament'-Wahl. Man kann davon ausgehen, dass er mit dem Motto 'Unterstützt Boris, gewinnt Großbritannien zurück' in den Wahlkampf gehen wird. Er wird behaupten, dass es nur dann sicher einen EU-Austritt am 31. Oktober geben wird, wenn er eine Mehrheit im Unterhaus bekommt.“
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Jetzt bleibt nur das Misstrauensvotum
Wie kann dieser Mann gestoppt werden?, fragt sich El Periodico de Catalunya:
„Der konservative Politiker ist davon überzeugt, dass sein politisches Überleben vom Erfolg des No-Deal-Brexit abhängt. ... Auf den ersten Blick ist Johnson dabei dem Populisten treu geblieben, den er in sich trägt: Das Konzept vom 'Volk', das sich im Referendum von 2016 äußerte, konfrontiert er mit der parlamentarischen Mehrheit und der nationalen Souveränität, die diese verkörpert und die die Brexit-Befürworter zurückerobern wollen. ... Oder er ist der Freibeuter, der sein Ziel um jeden Preis erreichen will. Verbleibende Auswege wie ein durchschlagendes Misstrauensvotum hätten heute vermutlich mehr Befürworter im Parlament als gestern.“
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Endlich Klarheit in Großbritannien
Johnsons Plan, Neuwahlen zu provozieren, die ihn nach einem Brexit zum Premier machen, könnte durchaus aufgehen, glaubt die Neue Zürcher Zeitung:
„Johnsons dramatischer Machtgalopp hat auch viele Bewunderer. Ob er wirklich den Verfassungsgrundsätzen widerspricht, wird wohl noch über Jahre hinaus Juristen und weniger die Wähler beschäftigen. Sicher ist: Er bringt dem Land nach drei Jahren ermüdender Brexit-Wirren endlich Klarheit und eröffnet ein neues Kapitel. Nach einem Schlussstrich unter dem Brexit-Drama sehnen sich viele. Die Opposition ist dagegen weiterhin zerstritten und kann sich nicht auf eine überzeugende Variante des EU-Austritts einigen. Die Aussicht auf endlos weitergehende Brexit-Querelen ist auch keine attraktive Alternative.“
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