Die
Empörung über die
Pläne für Massenvertreibungen aus Deutschland hat im ganzen Land zu Großdemonstrationen gegen Rechtsextremismus geführt. Ein Blick in die Kommentarspalten zeigt, dass Europa genau hinschaut, was in Deutschland vor sich geht.
Konkurrenz kann man nicht wegdemonstrieren
Die Massendemos übertreiben die Gefahr durch die AfD, warnt die freie Journalistin Rosemarie Schwaiger in einem Gastkommentar für Die Presse:
„Die Machtergreifung der Rechtsextremen ist eine rein theoretische Bedrohung. Ich weiß nicht, ob es schlau ist, wenn alle anderen schon jetzt für den nationalen Schulterschluss trainieren. Letztlich wirkt die AfD dadurch potenter und gefährlicher, als sie nach menschlichem Ermessen jemals sein wird. ... Zu gewinnen ist der Kampf gegen die AfD nicht mit Protesten auf der Straße, pathetischen Appellen von Rednerpulten, Brandmauern oder gar Parteiverboten, sondern nur mit besserer Politik. Im demokratischen Wettbewerb geht es, wie auf jedem Markt, um Angebot und Nachfrage. Unliebsame Konkurrenz kann man sich nicht einfach wegdemonstrieren.“
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Deutschlands höchster Trumpf
Le Monde lobt die Proteste:
„Diese vernünftige und starke Reaktion auf die neonazistischen Auswüchse der aufstrebenden Partei muss begrüßt werden. ... Die historische Verantwortung und die Radikalisierung der AfD erklären zweifellos die massive Reaktion der Deutschen im Vergleich zu ihren französischen Nachbarn, wo man passiver reagiert auf eine extrem Rechte, die auf die Strategie der Deeskalation setzt und sich anständig gibt. ... Wie viele andere europäische Länder erlebt auch Deutschland eine politisch und wirtschaftlich schwierige Zeit. Seine führende Rolle in der EU macht dies noch sichtbarer - und beunruhigender zugleich. Die Lebendigkeit der Demokratieverbundenheit, die Deutschland nun unter Beweis gestellt hat, bleibt der höchste Trumpf im Umgang mit der Krise.“
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Wir sind schon mürbe
Dass in Deutschland so viele Menschen auf die Straße gehen, zeigt laut De Volkskrant-Kolumnistin Harriet Duurvoort, wie sehr man sich in den Niederlanden an die Rechtsextremen gewöhnt und mit dem Wahlsieg von Wilders' PVV abgefunden hat:
„Wir gehen nicht auf die Straße, wir haben was Besseres zu tun. Tatenlos warten wir ab, was für Kompromisse geschlossen werden in den Koalitionsgesprächen. Hoffentlich wird nicht zu viel am Rechtsstaat gerüttelt. Wir werden es schon sehen. ... Wir sind hier schon mürbe geworden. Ich war überrascht, dass Deutsche so schockiert sind über etwas, das mich ganz ehrlich gesagt nicht mehr so aufregt. Öffentlich spekulieren über Deportationen, wie es die AfD tat, den Madagaskar-Plan aus der Mottenkiste holen - ach, das macht auch nichts mehr aus.“
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Wolf im populistischen Schafspelz
Echo erklärt den Charakter der AfD wie folgt:
„Man darf nicht dem verbreiteten Irrglauben verfallen, dass die AfD ausschließlich von Faschisten, Neonazis, Xenophoben und anderen Isten und Phoben unterstützt wird. ... Wie jede populistische Partei nutzt die AfD alles zu ihrem Vorteil. ... Man positioniert sich natürlich nicht als Faschisten, im Gegenteil, man sagt, man sei für die Demokratie, aber man sei die Opposition - also wenn Sie die aktuelle Regierung nicht mögen, herzlich willkommen. ... Antifaschistische Aktionen, erst recht in solch kolossalem Ausmaß, sind wichtig, um das Bewusstsein jener Menschen zu schärfen, die die AfD als Alternative wählen, aber den Wolf im Schafspelz nicht erkennen.“
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Demos mit Wohlfühlfaktor
Demonstrieren kann kein Ersatz für Politik sein, gibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu bedenken:
„Wahlerfolge von Radikalen sind zweifellos ein ernster Test für die vielfältigen checks and balances – aber die gibt es, und sie funktionieren auch. Wer es nicht so weit kommen lassen will, muss die inhaltliche Auseinandersetzung und damit Bloßstellung suchen und an die Wand malen, was wir zu verlieren haben. Man sollte aber nicht den Eindruck erwecken, Versammlungen mit dem Gütesiegel von Staats- und Parteispitzen wären ein zwingender Widerstandsakt. Denn der setzte ja ein Unrechtsregime voraus. Das rechtzeitige Aufstehen soll offenbar das Sitzenbleiben früherer Generationen ausbügeln. Das ist anmaßend. Aber man fühlt sich gut dabei und satt.“
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