Donnerstag, 1. Juni 2017

Wie geht es weiter im Verhältnis USA-Europa?

Angela Merkels Mahnung, dass „wir Europäer unser Schicksal in unsere Hand nehmen“ müssen, hat in Europa wie auch in den USA eine hitzige Debatte über die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft ausgelöst. Kommentatoren diskutieren außerdem, welche Alternativen sich Europa bieten.
NEZAWISSIMAJA GAZETA (RU)

Moskau ist der Partner der Wahl

Welchen Partner sich Europa statt der USA wählen sollte, weiß Nezawissimaja Gazeta:
„Als Geschäftsmann ist Donald Trump es gewohnt, Geld zu zählen. Und er sieht die Realität, die darin besteht, dass die Europäer es vorziehen, sorglos im Schatten des großen Bruders zu leben, ohne sich zu sehr bei der Finanzierung der eigenen Sicherheit anzustrengen. Dem entspringen auch die Forderungen Trumps, den europäischen Anteil am Nato-Budget zu erhöhen, dessen Löwenanteil traditionell auf die USA entfällt. Diese Forderung stößt auf Ablehnung bei den europäischen Regierungen, die sich lieber um Sozialprogramme sorgen. Europa kann entweder Trumps Forderungen akzeptieren oder muss sich um Wege Gedanken machen, die eigene Sicherheit zu erhöhen, ohne sich auf eine amerikanische Militärpräsenz zu verlassen. Natürlich hat Europa hier eine Wahl. Diese liegt in einer Verbesserung der Beziehungen zu Russland beim Aufbau einer neuen europäischen Sicherheitskonstruktion auf dem Kontinent.“
Nikiforow Oleg
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
VEČERNJI LIST (HR)

Nicht den Spaltern nachgeben!

Der US-Präsident zerstört die transatlantische Achse, fürchtet Večernji list:
„Trumps Europatournee kann man ganz einfach mit den Worten beschreiben: Ich kam, sah und spaltete. Trump behandelt Deutschland praktisch wie einen (wirtschaftlichen) Feind. Damit schickt er ein gefährliches Signal an die Russen. Das Zerbrechen der amerikanisch-deutschen Beziehungen war und ist das wichtigste Ziel einst sowjetischer und heute russischer Politik in Europa seit 1945. Der US-Präsident, der Wahlen gewonnen hat, die von Russen beeinflusst worden waren, schwächt nun diese Hauptachse, die die Russen seit jeher zu zerstören versuchen. ... Aber auch Merkels Reaktion ist gefährlich, denn sie birgt die Gefahr, dass sie die europäischen Bündnispartner noch mehr von den USA entfernt.“
Tomislav Krasnec
Teilen auf
zur Homepage
 
DNEVNIK (SI)

Wir brauchen den Freund USA

Egal wie sehr Europa an seiner eigenen Stärke arbeitet, die transatlantische Partnerschaft darf es nicht vernachlässigen, findet Dnevnik:
„Um die Wünsche der Kanzlerin zu verwirklichen, dass die EU unabhängiger wird und endlich der Pubertät entwächst, braucht es nichts weniger als die Vereinigten Staaten Europas. Doch für den Erfolg eines solchen Projekts, mit demokratischer Legitimierung seiner politischen Führer, mit finanzieller Solidarität zwischen den Ländern und einem einheitlichen Auftritt gegenüber Drittstaaten braucht es viel mehr als Fotosessions mit dem sympathischen französischen Präsidenten Macron. ... Und selbst, wenn der EU der große Wurf gelingen sollte, ist die transatlantische Partnerschaft eine Partnerschaft, die nicht auf die Müllhalde der Geschichte gedrängt werden darf. Europa ist von zu vielen launischen 'Partnern' umgeben und war sich selbst in der nicht allzu weit entfernten Geschichte der größte Feind.“
Barbara Hren
Teilen auf
zur Homepage
 
KALEVA (FI)

Neuer Schub für europäische Nato?

Wenn Europa künftig wieder mehr Verantwortung für die eigene Sicherheit übernehmen will, wäre eine europäische Nato durchaus realistisch, meint Kaleva:
„Merkels Bewertungen der Politik von Trump und der Entwicklung der transatlantischen Beziehung sind genau überlegt und treffend. Im Anschluss daran bestätigten Experten in den USA, dass die Bundeskanzlerin gute Gründe für ihre Rede hatte. … Es hat den Anschein, als ob Merkel die Deutschen darauf vorbereiten will, dass sie gemeinsam mit Frankreich eine bedeutendere Rolle in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik übernehmen müssen. ... Merkels Äußerung passt gut zu den Überlegungen von [Finnlands] Präsident Sauli Niinistö. Vor einigen Jahren äußerte er den Gedanken einer europäischen Nato. Dank der von Trump verfolgten Linie kann diese Idee wieder aktuell werden.“
Zum Originalartikel

Keine Kommentare: