Mittwoch, 23. August 2023

euro|topics: Brics und Chinas Immobilienkrise

 

Brics-Gipfel: Entsteht ein Gegengewicht zum Westen?

Bis Donnerstag treffen sich die Brics-Staaten in Johannesburg. Ziel sei die Suche nach veränderten globalen Machtstrukturen, erklärte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor. Neben den Mitgliedern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika wollen mehr als 30 Länder aus Afrika, Lateinamerika und Asien teilnehmen und teilweise auch beitreten. Wohin das führen kann, analysiert Europas Presse.

ADEVĂRUL (RO)

Die Karten werden neu gemischt

Das in der Nachkriegszeit entstandene Machtgefüge entspricht nicht mehr der aktuellen Lage, beobachtet Adevărul:

„Die Staaten des globalen Südens haben eine Reihe von Führungspersönlichkeiten, die entdeckt haben, dass die geopolitische Situation (die einmal mehr vom Kampf um strategische Ressourcen beherrscht wird) nicht mehr dieselbe ist wie 1945, als die Grundlage der derzeitigen internationalen Ordnung entstand. Damals besaßen die USA 45 Prozent des globalen BIP und fünf europäische Staaten besaßen damals noch den größten Teil Afrikas und einen bedeutenden Teil Asiens.“

Cristian Unteanu
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CORRIERE DELLA SERA (IT)

Expansion wäre heikel

Eine erweiterte Brics-Gruppe könnte zum Problem werden, mahnt Corriere della Sera:

„Ein Punkt auf der Tagesordnung mit unmittelbaren Folgen ist die vorgeschlagene Erweiterung des 2009 gegründeten Blocks. ... Mehr als zwanzig Länder sollen die Aufnahme beantragt haben, darunter Saudi-Arabien. Das ist heikel: Jeder Schritt in Richtung einer Aufnahme des zweitgrößten Ölproduzenten der Welt in einen Wirtschaftsblock mit Russland und China würde in einem extrem angespannten geopolitischen Klima zweifelsohne die Aufmerksamkeit der USA und ihrer Verbündeten auf sich ziehen. Es sollte zudem bedacht werden, dass auch Kuba und der Iran an die Tür der Brics klopfen und (derzeit) nur Indien ihren Beitritt verhindert.“

Paolo Salom
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THE TIMES (GB)

Von Einigkeit weit entfernt

Dass viele weitere Staaten dem Bund beitreten wollen, ist nicht seiner politischen Schlagkraft zu verdanken, analysiert The Times:

„Eine weitgehend dysfunktionale Organisation wird nicht besser oder einflussreicher, nur weil sie mehr Mitglieder gewinnt. Dies Brics-Staaten sind im Kern gespalten. Auf der einen Seite stehen drei mehr oder weniger funktionierende Demokratien – Südafrika, Indien und Brasilien -, die eine starke Beziehung zu westlichen Gebern aufrechterhalten wollen. Auf der anderen Seite die beiden verbündeten Autokratien China und Russland. Alle sind sich einig, dass sie die globale Dominanz der USA reduzieren wollen. Doch Indien zum Beispiel sieht sich zunehmend als Rivale Chinas und steht einer Erweiterung der Brics skeptisch gegenüber.“

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RADIO KOMMERSANT FM (RU)

Ohne gemeinsames Fundament

Auch Radio Kommersant FM sieht vor allem trennende Faktoren:

„Unter den Brics-Staaten gibt es gewisse Widersprüche, unter anderem in zwei Schlüsselbereichen - der Erweiterung der Gruppe und der Einführung einer gemeinsamen Währung. Im ersten Fall ist Brasilien dagegen, im zweiten Fall Indien. Es klappt vorerst nicht, das Monopol des Dollars zu beenden (was kein einfacher Prozess ist) wie auch eine Alternative zur G7 zu schaffen. ... Das Hauptproblem ist jedoch: Es sollte eine verbindende Grundidee geben - ein Fundament. Abneigung gegen Amerika und die westliche Welt reicht für eine funktionierende Integration nicht aus.“

Dmitrij Drise
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RZECZPOSPOLITA (PL)

Putin doppelt gedemütigt

Für Rzeczpospolita zählt der russische Machthaber schon jetzt zu den Verlierern:

„Wladimir Putin muss sich mit einer Online-Teilnahme begnügen: Aus Angst vor einer Verhaftung auf Antrag des Internationalen Strafgerichtshofs wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine wird er nicht nach Südafrika reisen. Zu dieser Demütigung kommt für den russischen Staatschef noch eine weitere hinzu: Kurz vor dem Treffen in Johannesburg stürzte die Sonde Luna 25 ab, die beweisen sollte, dass Russland bei der Eroberung des Weltraums an vorderster Front steht.“

Jerzy Haszczyński
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Brics-Gipfel: Entsteht ein Gegengewicht zum Westen?
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Was, wenn Chinas Immobilienriesen kollabieren?

Der hoch verschuldete chinesische Immobilienkonzern Evergrande kann seine Verbindlichkeiten in den USA nicht mehr bedienen und beantragte laut Medienberichten am Donnerstag in Manhattan Gläubigerschutz. In China selbst ist mit Country Garden einem weiteren großen Baukonzern das Geld ausgegangen. Steht Chinas Immobiliengeschäft nun vor dem Kollaps? Und droht gar eine Finanzkrise? Eher nicht, meinen Kommentatoren.

EL PAÍS (ES)

Tickende Zeitbombe

El País vergleicht die Situation mit Spanien vor dessen großer Baukrise ab 2008:

„Das Baugewerbe und die mit ihm verwandten Aktivitäten machen fast 30 Prozent des BIP aus. Dieser Wert ist höher als der in Spanien unmittelbar vor dem Platzen der Blase. ... Die jüngste Ankündigung von Evergrande, Chinas zweitgrößtem Bauträger, in den Vereinigten Staaten Konkurs anzumelden, verstärkt das Misstrauen nur noch. ... Joe Biden nannte den Zustand eine 'tickende Zeitbombe'. ... Immer mehr Investoren haben beschlossen, ihre Asiengeschäfte zu diversifizieren, um eine Risikokonzentration zu vermeiden. ... Die Tatsache, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt so großen Risiken ausgesetzt ist, bedroht die Weltwirtschaft.“

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LES ECHOS (FR)

Kein Lehman-Brothers-Moment

Die Krise wird sich auf die chinesische Wirtschaft beschränken, erwartet Les Echos:

„Einige Marktteilnehmer gehen davon aus, dass China seinen 'Lehman-Moment' erlebt. … Doch dieses Horrorszenario ist nicht schlüssig. Auch wenn die Zahlen lückenhaft und noch nicht genau bekannt sind, ist man sich recht sicher, dass die Belastung des globalen Finanzsystems durch Anleihen bei chinesischen Bauunternehmern relativ gering ist. Weitaus besorgniserregender sind hingegen die Auswirkungen dieser Krise auf die chinesische Wirtschaft selbst. Diese hat bereits seit der Pandemie Mühe, wieder zu wachsen, und der aktuelle Immobilienschock beraubt Peking eines seiner wichtigsten Instrumente zur Ankurbelung der Wirtschaft.“

Daniel Fortin
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PORTFOLIO (HU)

Das Gebälk knirscht, aber es hält

Analysten sind hoffnungsvoll, dass China die Krise ein weiteres Mal eindämmen kann, meint auch das Wirtschaftsportal Portfolio:

„Globale Aufsichtsbehörden verfolgen das Chaos auf dem chinesischen Immobilienmarkt aufmerksam, denn sie befürchten, dass die Märkte anderer Länder infiziert werden könnten. ... Die Frage ist nun, ob der chinesische Staat nach der Eindämmung der Evergrande-Krise in den vergangenen zwei Jahren erneut in der Lage sein wird, eine Immobilienkrise abzufedern. Die Analysten glauben einstweilen daran, dass Peking auch diese größere und umfassendere Krise bewältigen könnte, aber inzwischen haben sie alle begonnen, ihre BIP-Wachstumserwartungen zu senken.“

Dániel Szabó
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HELSINGIN SANOMAT (FI)

Für China ist die Blase das geringere Übel

Peking will ein Desaster auf jeden Fall verhindern, glaubt Helsingin Sanomat:

„Das Bevölkerungswachstum in China ist zum Stillstand gekommen, und die Geburtenrate stark gesunken. Die Bevölkerung altert. ... So ähnlich begann auch Japans lange Wirtschaftsflaute: eine Periode der Deflation, der Verschuldung, der Überalterung und des langsamen Wirtschaftswachstums. Wenn China aus dieser Spirale ausbrechen will, muss es seine Märkte öffnen, die Grenzen zwischen staatlichen und wirtschaftlichen Interessen klar definieren und mit dem Westen zusammenarbeiten. … Doch Chinas Politiker sehen auf dem Weg dorthin große Risiken. Es ist daher zu erwarten, dass China seine mit Schulden finanzierte Immobilienblase Jahr für Jahr und Jahrzehnt für Jahrzehnt mit Krediten stützen wird.“

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