Mittwoch, 9. November 2016

Donald Trump wird Präsident der USA

Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl in den USA gewonnen. Für viele überraschend gewann der Republikaner auch Staaten, in denen Hillary Clinton in den Umfragen führte. Was sind die Gründe für seinen Sieg und was bedeutet er für die USA und den Rest der Welt?
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 THE INDEPENDENT (GB)
Fakten zählen nicht mehr
Dass Donald Trump trotz seiner vielen unwahren Behauptungen im Wahlkampf so stark punkten konnte, ist ein Beweis für den Siegeszug der post-faktischen Politik, klagt Kolumnist Matthew Norman in The Independent:
 „Die Wahrheit wurde dermaßen entwertet, dass das, was früher der Goldstandard der politischen Debatte war, nun eine wertlose Währung ist. ... Wie haben wir nur diesen veränderten Bewusstseinszustand der Massen erreicht, den George Orwell in seinem Roman 1984 vorausgesehen hatte? ... Trump ist nicht die Ursache eines wilden Wunsches, der Wirklichkeit zu entfliehen. Er ist dessen Manifestation. Wie wir es schaffen könnten, diese Entwicklung umzukehren? Wie den vom Internet aufgezogenen und verdorbenen Generationen beibringen, beweisbare Tatsachen mehr zu schätzen als die Lügen, die genau die Wahrheit verstärken, die sie sich ausgesucht haben? Ich habe keine Ahnung.“ Matthew Norman

ROMÂNIA LIBERÂ (RO)
Damm des Fremdenhasses ist gebrochen
Trumps Wahlsieg wird die fremdenfeindlichen Kräfte weltweit stärken, schreibt România Liberă:
 „Es wurde immer deutlicher, dass die westliche Welt es satt hat, freundlich und offen für jene zu sein, die Hilfe brauchen und für die Fremden in ihrer Mitte. Die immer stärkere Popularität der Rechtsextremen in Europa beweist das. Der Brexit, der vor allem durch den Wunsch zustande gekommen ist, die Migranten in Großbritannien loszuwerden, hat es offiziell bestätigt. Die Wahl von Donald Trump ist der bisherige Höhepunkt dieser tiefen Intoleranz. Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Aggressivität gegenüber Migranten, Pro-Putinismus, propagiert von jenem Mann, der Präsident der größten Macht des Planeten wird, sind jetzt Einstellungen, die offen zur Schau gestellt werden können. ... Hierin liegt der Schlüssel des folgenden Desasters.“ Razvan Chiruta

THE IRISH INDEPENDENT (IE)
Nun rächt sich eine verfehlte Politik 
Mit einer rigiden Geldpolitik in den 1980er-Jahren und dem Freihandelsabkommen Nafta führten die US-Notenbank und frühere Regierungen bewusst eine Schwächung der Mittelklasse in den USA herbei - und dies hat nun Trumps Sieg ermöglicht, analysiert The Irish Independent:
 „Die politischen Folgen dieser Entwicklungen waren einerseits der schrittweise Rückgang der Realeinkommen der Werktätigen und andererseits eine deutliche Vergrößerung der Kluft zwischen Arm und Reich. ... Letztlich gewann die Fed ihren 20-jährigen Krieg gegen die Inflation, doch die daraus resultierende soziale Ungleichheit wurde zum dominierenden Faktor dieses Präsidentschaftswahlkampfes. Die Schwächung der US-Arbeiterklasse und der unteren Mittelklasse war nicht etwa eine ungewollte Folge der Politik. Sie war deren Ziel - und nun zahlt Amerika den Preis dafür. Das war die bestimmende Entwicklung in den USA und das steckt hinter diesem Wahlergebnis.“ David McWilliams

 JORNAL DE NEGÓCIOS (PT)
Trifft Obama eine Teilschuld?
Die Frage, ob acht Jahre Obama letztlich zum Wahlsieg Trumps geführt haben, wirft Jornal de Negócios auf:
 „Es ist legitim zu fragen, ob acht Jahre Obama zu erklären helfen, warum dieser neue Zyklus der US-Politik mit einem so tief gespaltenen Land beginnt. Dass Obama selbst das Substrat für Trumps Aufstieg geliefert haben soll, ist eine Hypothese, die in den USA bereits in mehreren Analysen zu lesen war. Hat Obama die Anliegen des weißen und konservativen Amerikas, der weißen US-Amerikaner ohne College-Ausbildung bagatellisiert - oder sogar für die Anliegen der Minderheiten geopfert? Trägt Obama Schuld an diesem gebrochenen Amerika? Die Verantwortung für die letzten acht Regierungsjahre liegt schließlich bei ihm. ... Der Trump-Sieg 'im Stile des Brexit' bedeutet nicht das Ende der Welt. Aber diese wird wahrscheinlich künftig ein schlechter Ort sein, um dort zu leben.“ André Veríssimo

 PRÁVO (CZ)
Dieses Amerika wird nicht wieder groß
Donald Trump wird es schwer haben, seinen Wahlslogan umzusetzen, demzufolge er Amerika wieder groß machen wolle, prognostiziert Právo:
 „Ein gespaltenes Land kann nur schwerlich wieder groß werden. Und Amerika wird gespalten bleiben, wenn ein Zehntel der Bevölkerung seinen Reichtum weiter steigert, während die Schlange derer immer länger wird, die von kostenfrei ausgegebenen Lebensmittelgutscheinen abhängig sind, weil ihr Einkommen zum Lebensunterhalt im begütertsten Land der Welt nicht ausreicht. ... Die einzige Supermacht der Welt wird sich nach den Wahlen noch mehr mit sich selbst beschäftigen. Der Rest des Planeten wird für die USA ein Platz werden, wo sie alte Bündnisse nur noch halbherzig aufrechterhalten oder auch ein Platz, wo sie ihre Stärke beweisen, um von den inneren Problemen abzulenken. Beide Aussichten sind nicht gerade ermunternd.“ Michal Mocek

 LES ECHOS (FR)
Angst und Wut bekämpfen
In den USA haben dieselben Faktoren den Wahlkampf geprägt, die auch in Europa den aktuellen politischen Diskus prägen, analysiert Les Echos:
 „Angst um die eigene Identität und Wut angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs. ... Die Angst des einfachen weißen Mannes, der verurteilt ist, in den USA um die Jahrhundertmitte Teil einer Minderheit zu werden, entspricht in Europa der Furcht vor einem 'großen Bevölkerungsaustausch', die populistische Gruppierungen auf dem alten Kontinent ausschlachten. Genauso wie Donald Trump ein Volk an die Urnen zurückgeholt hat, das nicht mehr wählte, ist Marine Le Pen dabei, ein schweigendes Frankreich zu wecken. Klar ist: In Amerika ebenso wie in Frankreich und Deutschland brauchen die Neugewählten außerordentlich viel Willen und eine enorme Legitimität, um sich von diesen zum Verfall führenden Gärstoffen zu lösen, die fest im Herzen unserer Gesellschaften verankert sind: und zwar vom Multikulturalismus und vom Kommunitarismus.“ Jean-Francis Pecresse

DE TIJD (BE)
USA vor vier verlorenen Jahren
Eine Erneuerung der US-Demokratie fordert De Tijd:
 „Die amerikanische Politik erntet jetzt, was vor Jahren gesät worden ist. Die Kluft zwischen den Republikanern und den Demokraten wurden in den vergangenen Jahren immer größer. ... Eine neue politische Kultur ist notwendig, um die USA wieder mit den Politikern und sich selbst zu versöhnen. ... Es ist schwer, in Donald Trump die versöhnende Figur zu sehen, die die amerikanische Politik aus der Misere holen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass vier verlorene Jahre folgen werden. ... Die USA sind am Ende eines politischen Zyklus angelangt, und die Politiker müssen den Mut haben, die Politik auf einen neuen Leisten zu spannen. Das Zwei-Parteien-System ist völlig ausgehöhlt: Die Republikaner werden immer mehr zu einem Sammelbecken für alle möglichen rechtsradikalen Strömungen, die weit entfernt vom traditionellen Konservatismus stehen. Die demokratische Partei wird dominiert von einigen großen Dynastien, die auch keine Erneuerung zulassen.“ Jean Vanempten 

GAZETA WYBORCZA (PL)
Weltweite Handelskriege drohen
Ein weltweiter Handelskrieg und weniger Sicherheit für Europa sind mögliche Folgen von Trumps Sieg, glaubt Gazeta Wyborcza:
 „Der Kandidat der Republikaner hat so oft widersprüchliche Erklärungen abgegeben und die Seiten gewechselt, dass man tatsächlich nicht genau weiß, was man von seiner Amtszeit erwarten kann. ... Wenn man jedoch seine lautstärksten Aussagen heranzieht, dann dürfte seine Amtszeit vor allem Folgendes bedeuten: Die Grundsätze des freien internationalen Handels werden zugunsten von Wirtschaftsprotektionismus aufgeweicht. Trump hat seine Bereitschaft zu Neuverhandlungen signalisiert. Dies betrifft vielleicht sogar die Freihandelszone mit Kanada und Mexiko (Nafta). Er hat hohe Zölle für Produkte aus Mexiko (35 Prozent) und - was noch wichtiger ist - aus China (45 Prozent) vorgeschlagen. Dies könnte zu weltweiten Handelskriegen führen. Zudem werden die Sicherheitsgarantien der USA für Europa geschwächt. Nach dem Grundsatz 'America First' will sich Trump vor allem um die Interessen seines Landes kümmern.“ Maciej Czarnecki

DIE WELT (DE)
Eisige Zeiten
Außenpolitisch steht die neue US-Regierung vor schweren Aufgaben, warnt Die Welt und sagt eisige Zeiten voraus:
 „Wer vor einem neuen Kalten Krieg warnt, übersieht, dass dieser längst begonnen hat, aber nach anderen Drehbüchern als vor 60 und 70 Jahren. Der neuen Regierung im Weißen Haus … wird vom Rest der Welt keine Hundert-Tage-Pause gewährt. Russland zeigt in der Ostukraine und in Syrien, wie die Phase lähmender Aufgeregtheit von Wahl und Amtswechsel in den USA zu nutzen ist für das eine und andere Fait accompli. Der Nato-Bündnispartner Türkei sendet widersprüchliche Signale in alle Richtungen. Die Europäer halten den Atem an und hätten doch viel früher begreifen können, dass die Zeiten amerikanischer Europe-First-Strategie vorbei sind, dass Russland den Westen heute in Osteuropa und morgen am Schwarzen Meer immer wieder testet und dass, in einem Wort, dem Nordatlantischen Bündnis eine tragfähige Strategie der Eindämmung fehlt.“ Michael Stürmer

SALZBURGER NACHRICHTEN (AT)
US-Präsident ist kein Alleinherrscher
Darauf, dass der US-Präsident zwar der wichtigste Politiker der Welt, aber gewiss nicht allmächtig ist, weisen die Salzburger Nachrichten hin:
 „Zwar ist er der Chef der Exekutive, also der ausführenden Gewalt, der 'Regierung' im europäischen Sinn. Wenn also die Amerikaner von 'the government' sprechen, meinen sie alle diejenigen, die 'in Washington' Politik machen, also Präsident plus Kongress. Unter diesem Gesichtspunkt besteht die amerikanische "Regierung" nicht nur aus dem Präsidenten (und den zugehörigen Ämtern), sondern auch aus weiteren 535 Mitregierenden, nämlich den Mitgliedern von Repräsentantenhaus und Senat. … So muss der wohl mächtigste Politiker der Welt seine Macht mit einem der mächtigsten Parlamente der Welt teilen. Die politischen Gewalten halten sich gegenseitig in Schach (checks and balances). 'Durchregieren' kann der US-Präsident nicht.“

Sieh auch:
Trumps außenpolitische Vorstellungen FAZ 19.12.16

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