Dienstag, 10. März 2020

euro|topics: Coronavirus: Die soziale Dimension

Die Auswirkungen des Coronavirus beschränken sich nicht nur auf die Infizierten und die unmittelbar Gefährdeten. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit gefährdet wirtschaftliche Existenzen, die überfüllten Krankenhäuser sogar Leben. Kommentatoren fragen sich, ob Europas Gesundheitssysteme der Epidemie gewachsen sind, und rufen zu sozialstaatlicher Großzügigkeit auf.
DNEVNIK (SI)

Sparpolitik im Gesundheitssektor rächt sich

Dnevnik blickt besorgt über die italienische Grenze und warnt vor einer Überlastung von Krankenhäusern und Arztpraxen auch in Slowenien:
„Was das Gesundheitssystem lähmt und mehr Todesfälle verursacht, ist der plötzliche rasche Anstieg der Zahl der Patienten, insbesondere älterer Menschen, die eine Intensivpflege benötigen. Der Zusammenbruch des Gesundheitssystems ist derzeit Italiens größtes Problem, dem auch die wieder engagierten pensionierten Beschäftigten nicht abhelfen können. Italien hat beim öffentlichen Gesundheitswesen jahrelang Kürzungen vorgenommen, und private Einrichtungen schließen in Zeiten von Epidemien oft sogar ihre Türen. Genau das kann auch uns passieren: Das jahrelang überlastete Gesundheitswesen, der ohnehin schon schwere Ärztemangel und der beschämende Zustand unserer Gesundheitsinfrastruktur könnten sich rächen.“
Tanja Lesničar Pučko
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DAGENS NYHETER (SE)

Medikamente im Inland produzieren

Dagens Nyheter kritisiert die Strategie öffentlicher Institutionen, Aufträge für lebenswichtige Produkte an billige Zulieferer im Ausland zu vergeben:
„Ist es so klug, dass nahezu sämtliche Medikamente, deren Patent ausgelaufen ist, in ein paar wenigen Riesenfabriken in Asien hergestellt werden? Ist es clever, medizinisches Material im Heimatland weder herzustellen noch zu lagern? In Krisenzeiten zeigen sich Stärke oder Schwäche einer Gesellschaft. Kluge Bürger versichern sich selbst und ihr Eigentum - die Gesellschaft sollte das auch tun. Aber das kostet natürlich Geld. ... Mehr und näher angesiedelte Lieferanten mögen teurer sein. Ein Vierteljahr auf Medizin aus China warten zu müssen, verursacht aber ebenfalls Kosten - vor allem in Form von Ängsten und menschlichem Leid. Dem sollte ein Wohlfahrtsstaat seine Bürger nicht aussetzen.“
Barbro Hedvall
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ATLANTICO (FR)

Gefahr für andere Schwerkranke steigt

Covid-19 kann auch für Personen, die sich gar nicht damit angesteckt haben, tödlich sein, warnt Stéphane Gayet, Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie, im Interview mit Atlantico:
„Nicht dringende chirurgische Eingriffe (sogenannte geplante Eingriffe) kann man selbstverständlich ohne größere Schwierigkeiten verschieben. Aber auch Betten für Kardiologiepatienten, Krebstherapie und Langzeitbehandlungen werden wahrscheinlich in Beschlag genommen werden. ... Fatalerweise kann man sagen, dass die Heilungschancen für eine beträchtliche Anzahl von Patienten sinken, die an einer anderen Krankheit als Covid-19 leiden. ... Denn für viele fortschreitende Erkrankungen verringert eine Verzögerung der Behandlung die Überlebenschancen. Die Prioritätensetzung wird zu einer heiklen Angelegenheit. Und unser Krankenhaussystem wird durch die Krise noch weiter geschwächt.“
Stéphane Gayet
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ÕHTULEHT (EE)

Staat darf nicht auf Freiwilligkeit setzen

In Estland steht bisher lediglich eine Schule unter Quarantäne, da ein Schüler nach einem Italien-Urlaub erkrankt ist. Õhtuleht hält das Handeln des Staates für inkonsequent:
„Viele fragen, was die Quarantäne nützt, wenn die Schüler zu Hause bleiben, aber ihre Familienmitglieder weiter zur Arbeit, Schule und Kindergarten gehen. Es ist leicht zu sagen, dass diejenigen, die auch nur mittelbar mit dem Virus in Kontakt gekommen sind, aus eigener Initiative mehr tun sollten als die staatlichen Empfehlungen. Außer der Angst vor dem Virus gibt es allerdings wenig Motivation dazu, wenn die drei ersten Krankheitstage und freiwillig gekündigte Reisen nicht vergütet werden. Anders wäre es, wenn die Regierung entschieden handeln würde, auch gesunde Menschen krankschreiben und den Flugverkehr in Risikogebiete einstellen ließe.“
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THE IRISH INDEPENDENT (IE)

Mit höherem Krankengeld Konsum ankurbeln

Eine stärkere finanzielle Unterstützung für Coronavirus-Opfer ist auch im Interesse der Wirtschaft, erklärt The Irish Independent:
„Der Wert eines Sozialsystems nach europäischem Vorbild ist nie offensichtlicher als in Zeiten der Unsicherheit und des Schocks. Das Krankengeld gehört zu den ältesten Arten der Sozialhilfe. Es ist ein wichtiges Mittel, um Menschen zu helfen, wenn sich diese an einem Tiefpunkt befinden. In der Regel wurde diese Unterstützung jedoch nicht bewusst eingesetzt, um die Nachfrage in einer Volkswirtschaft anzukurbeln. ... Wegen des Coronavirus und dessen Folgen befinden wir uns in einer Situation, mit der wir nie zuvor konfrontiert waren. Es gibt nicht nur Gründe, den Zugang zu Krankengeld zu erleichtern, sondern auch dafür, die Zahlungen zu erhöhen, um einen potenziell starken Rückgang der Verbraucherausgaben zumindest abzuschwächen.“
Dan O'Brien
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