Mittwoch, 15. Mai 2019

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EU-Kommissionsvorsitz: Hat Weber schlechte Karten?
Manfred Weber hofft darauf, dass er zum Kommissionspräsidenten gewählt wird. Er ist Spitzenkandidat der EVP, und die dürfte stärkste Kraft im neuen EU-Parlament werden. Frankreichs Präsident Macron und einige Regierungschefs rütteln nun jedoch an dem Prinzip der Spitzenkandidaten und wollen sich die Nominierung selbst vorbehalten. Kommentatoren beschreiben einen Postenpoker mit ungewissem Ausgang.
DER TAGESSPIEGEL (DE)

Merkels Landsmann hat doppelt Pech

Der Tagesspiegel hält es für zunehmend unwahrscheinlich, dass Weber zum Kommissionspräsidenten gewählt wird:
„Wie viele andere Staats- und Regierungschefs fremdelt [Macron] mit der Idee der 'Spitzenkandidaten' bei der Wahl zum Europäischen Parlament. Sie möchten sich das Recht nicht nehmen lassen, als Kommissionspräsidenten eine Frau oder einen Mann aus ihren Kreisen zu nominieren. Jemand, der Erfahrung in der Exekutive hat. Der weiß, wie man regiert. Manfred Weber hat diese Erfahrung nicht. ... Und dann ist da eben noch der Sympathiefaktor. Angela Merkels europäischer Einfluss ist als Folge des deutschen Dauerzögerns bei allen Reformvorstellungen zerbröselt. Bei der jüngsten Klima-Initiative hatte man die Deutschen vorher schon gar nicht mehr gefragt. Also doppeltes Pech für den sympathischen Manfred Weber.“
Gerd Appenzeller
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JUTARNJI LIST (HR)

Noch eine Blockade kann die EU nicht gebrauchen

Ob Macron und der niederländische Premier Rutte gemeinsam die Wahl von Weber verhindern können, fragt sich Jutarnji list:
„In der Europäischen Union passiert, falls Frankreich und die Niederlande dies nicht wollen, meist auch nichts. Sollten sie also auf ihrem Standpunkt beharren, kann man jetzt schon sagen, dass Manfred Weber nicht Präsident der Europäischen Kommission wird. Auf der anderen Seite wird es für Macron und Rutte nicht leicht werden, sich gegen die Deutschen und andere Staaten sowie das Europäische Parlament durchzusetzen. Sollte die Wahl des Kommissionspräsidenten der Mehrheit im EU-Parlament nicht schmecken, kann dies zu einer institutionellen Blockade führen. ... Das ist das Letzte, was die EU braucht, da sie ohnehin schon mit großen Spaltungen konfrontiert ist.“
Augustin Palokaj
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LE QUOTIDIEN (LU)

Für Macron ist allein Barnier der Richtige

Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier hat am Sonntag in einem Interview mit Le Journal Du Dimanche gesagt, Europa nützlich sein zu wollen. Der Franzose gehört zwar offiziell zur EVP, doch wird er in Brüsseler Kreisen als Juncker-Nachfolger diskutiert und insbesondere von Macrons Partei LREM offenbar bevorzugt. Seine Chancen stehen nicht schlecht, glaubt Le Quotidien:
„Michel Barnier träumt davon, die EU-Kommission zu leiten. Und Emmanuel Macron betrachtet ihn als den richtigen Mann. Ihn und keinen anderen wie beispielsweise den von Barniers europäischer politischer Familie (der EVP) gekürten Spitzenkandidaten, den Deutschen Manfred Weber. Obwohl dieser Angela Merkels Unterstützung genießt, bleibt er außerhalb des Europaparlaments ein Unbekannter. Das Prinzip des Spitzenkandidaten ist laut Élysée-Palast jedoch kein Automatismus.“
Claude Damiani
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EU-Kommissionsvorsitz: Hat Weber schlechte Karten?


Was vereint oder entzweit die Europäer?
Mit ihrer Stimme können die Bürger bei der Europawahl kommende Woche ein Signal für die Zukunft der EU setzen: Wählen sie europafreundliche Kräfte, die auf Kooperation setzen oder diejenigen, die die Union demontieren wollen? Europas Medien diskutieren Wege, wie die Europäer von der wachsenden Gemeinschaft profitieren können.
EL PAÍS (ES)

Ein Kontinent voller Vorbilder

Seine positive Vision für ein zusammenwachsendes Europa teilt Frank Appel, Chef der Deutsche Post Group DHL, in El País:
„Die Österreicher haben einen intelligenten Weg gefunden, den Bau einer genügenden Anzahl von Neubauwohnungen für ihre Hauptstadt zu garantieren. Schweden führte eine nationale CO2-Abgabe ein. Die Esten können uns viel in Sachen digitale Verwaltung lehren. Andere Länder können sich ein Beispiel am deutschen Ausbildungssystem nehmen. Die Niederländer haben ihrem Rentensystem ein gerechtes und zukunftsfähiges Fundament gegeben. ... Das wahre Potenzial des Kontinents kann nur ausgeschöpft werden, wenn die Länder, Regionen, Städte und Bürger der EU nach Lösungen suchen, die jenseits ihrer Grenzen gut funktioniert haben. Das ist die nötige Dimension der EU. Und ich bin fest davon überzeugt, dass dies ein erster Schritt in Richtung der Vereinigten Staaten von Europa ist.“
Frank Appel
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CORRIERE DELLA SERA (IT)

In der EU darf es nicht nur ums Geld gehen

Die EU darf sich nicht länger auf Wirtschaftspolitik beschränken, weiß der Ex-Chef der italienischen Notenbank Salvatore Rossi in Corriere della Sera:
„Woher kommen die wachsende Unzufriedenheit, die Zweifel, die Revolten vieler Europäer? Weil wir nicht nur von der Wirtschaft leben, sage ich - und das als Ökonom. … Die Wirtschaft, die Finanzen und der Euro, also der Geldbeutel der Europäer, reichen nicht mehr aus. Der große institutionell-rechtliche Überbau, der der europäischen Wirtschafts- und Finanzintegration gedient hat, darf nicht weggeworfen werden; er gehört korrigiert, aber nicht zerstört. Doch kann es nicht allein die Angst vor katastrophalen Folgen aus der Zerstörung des Bestehenden sein, der die Unzufriedenen im Zaum hält. Ihnen muss eine Perspektive geboten werden, die über die finanziellen Aspekte des Lebens hinausgeht.“
Salvatore Rossi
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GÖTEBORGS-POSTEN (SE)

Fremdsprachen machen Fremde weniger fremd

Über allgemein gute Englischkenntnisse hinaus beherrscht einem Bericht zufolge etwa jeder vierte Schwede Deutsch und jeder zehnte Französisch. Das ist viel zu wenig, bedauert Göteborgs-Posten:
„Für den Touristen spielt es keine große Rolle. Aber es ist schade, dass Schweden es so schwer haben, jenseits von Bestellungen im Restaurant mit Deutschen und Franzosen zu kommunizieren. Wer die Sprache nicht versteht, hat es auch schwerer, das Land und seine Einwohner zu verstehen. Die Sprache ist der Schlüssel zu Informationen. ... Gewiss, man kann Nachrichten und Analysen über Frankreich und Deutschland auch auf Englisch bekommen. ... Aber wer Deutsch und Französisch beherrscht, muss sich nicht auf die Interpretation anderer verlassen, sondern kann selbst interpretieren - diese Selbstständigkeit ist sehr viel wert.“
Aleksandra Boscanin
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Was vereint oder entzweit die Europäer?

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