Mittwoch, 6. September 2023

euro|topics: Neue Achse Pjöngjang-Moskau?

 

Informationen der US-Regierung zufolge will Wladimir Putin Nordkoreas Diktator Kim Jong-un in Wladiwostok treffen. Offenbar soll Pjöngjang Moskau Waffen für den Krieg gegen die Ukraine liefern. Europas Presse interpretiert dies überwiegend als ein Zeichen der Schwäche Russlands, die Nordkoreas Führung neuen Handlungsspielraum verschafft.

THE SPECTATOR (GB)

Eine ruchlose Freundschaft

Für The Spectator ist klar, worum es beiden Partnern geht:

„Die Vorteile für beide Seiten liegen auf der Hand: Die nordkoreanische Wirtschaft liegt trotz der Fähigkeit des Regimes, Sanktionen zu entgehen, brach. Während Moskau, nun weltweit ohne Freunde, dringend Waffen benötigt, um den Kampf gegen die Ukraine fortzusetzen. ... Die Beweggründe für Moskaus jüngste Annäherung an Pjöngjang – und umgekehrt – sind vorrangig praktischer Natur. Es handelt sich um das ruchlose Geschäft zweier Schurkenstaaten, die gemeinsam Front gegen ihren gemeinsamen Feind, die USA, machen.“

Edward Howell
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KLEINE ZEITUNG (AT)

Parias auf Augenhöhe

Die Rollen haben sich vertauscht, seit sich Putin und Kim vor vier Jahren zuletzt sahen, bemerkt die Kleine Zeitung:

„Wenn Kim Putin ... tatsächlich bald einen zweiten Besuch abstattet, kommt er aber nicht als Bittsteller, sondern als Helfer in der Not. Denn Nordkorea verfügt nicht nur über jene in der Sowjetunion entwickelte Artilleriemunition, die Russland nach 20 Monaten Krieg in der Ukraine zunehmend ausgeht. Anders als China oder Indien, die keine weitere Verschlechterung der teils ohnehin angespannten Beziehungen zum Westen riskieren wollen, hat Nordkorea hier nichts zu verlieren. Der Krieg in der Ukraine hat Russland und Nordkorea zu Parias auf Augenhöhe gemacht.“

Ronald Schönhuber
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GAZETA WYBORCZA (PL)

Putin baut auf Nordkorea

Russland und Nordkorea sind jetzt ganz offen Verbündete, resümiert Gazeta Wyborcza:

„Im zweiten Jahr des Krieges in der Ukraine hat Russland aufgehört, so zu tun, als hätte es nichts mit dem globalen Paria Nordkorea gemein. Es tut nicht mehr so, als ob, sondern nimmt die Beziehungen zu seinem ehemaligen Klienten wieder auf. ... Die geplante Zusammenarbeit wird jedoch nicht bei der Munition enden. Die zunehmende Isolierung des kriegführenden Russlands hat Putin dazu veranlasst, seine antiwestliche Front nicht nur mit China, sondern auch mit Nordkorea aufzubauen.“

Maria Kruczkowska
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VEČERNJI LIST (HR)

Russland tief gesunken

Das vermeintlich so mächtige Russland ist ganz schön abhängig geworden, stellt Večernji list fest:

„Nach 18 Monaten russischer Angriffe in der Ukraine stellt sich heraus, dass dem laut Putin so starken Russland das eigene Raketenarsenal und Waffenlager geleert hat und ihm die Waffen ausgehen. Moskau muss offensichtlich um Waffen vom nordkoreanischen Diktator und um iranische Drohnen betteln, mit denen es alltäglich ukrainische zivile Ziele und Infrastruktur angreift und ohne die Putins Invasion in noch größeren Schwierigkeiten stecken würde als jetzt schon. ... Das einst so mächtige Russland 'bettelt nun Nordkorea um Waffen aus den Sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts an', merkte der ehemalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace an.“

Denis Romac
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HANDELSBLATT (DE)

Kim ist der wahre Kriegsgewinnler

Für das Handelsblatt ist diese Annäherung ein klares Zeichen der Schwäche Putins:

„Dem russischen Präsidenten gehen beim heiklen Thema Rüstung die Bündnispartner aus - weder China noch andere Akteure wollen sich mit Waffenlieferungen an Russland den Ärger der USA und ihrer Bündnispartner zuziehen. Nordkoreas Diktator Kim Jong Un wird das zu nutzen wissen. ... Die geopolitischen Folgen der rüstungspolitischen Annäherung sind nicht zu unterschätzen. Erstens verliert Moskau in der Position des Bittstellers endgültig seinen mäßigenden Einfluss auf Nordkorea. Zweitens würde der Import von wichtigen Rüstungsbauteilen aus Russland das Regime noch gefährlicher machen. ... Für den Frieden und auch die von China gewünschte Stabilität an seinen Grenzen sind das alles schlechte Nachrichten.“

Martin Benninghoff
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CORRIERE DELLA SERA (IT)

Druckmittel in den Beziehungen zu den USA

Nordkoreas Machthaber buhlt vor allem um Aufmerksamkeit aus Washington, glaubt Corriere della Sera:

„Es ist im Interesse von Kim, Joe Biden unter Druck zu setzen, um Zugeständnisse zu erreichen. Die Option, Nordkorea könnte zum Munitionslieferanten für die russische Armee werden, hat denn auch sofort die Aufmerksamkeit Washingtons erregt, das Pjöngjang vor einem solchen Vorgehen gewarnt hat. Seit dem Abbruch des durch Präsident Trump versuchten Dialogs haben die USA trotz der von Kim angeordneten Raketentests wenig Interesse am Nordkorea-Dossier gezeigt. Die Verwicklung Nordkoreas in die Ukraine-Krise könnte dazu dienen, Kim wieder auf Bidens Prioritätenliste zu setzen.“

Guido Santevecchi
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