EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat den Ausschluss der
Fidesz-Partei aus der
EVP gefordert und dafür die Zustimmung einer Reihe prominenter konservativer Politiker erhalten. Stein des Anstoßes ist eine Kampagne auf Plakaten und Facebook. Sie zielt auf
Soros, die EU und auch Juncker persönlich. Die Debatte über den Umgang mit Orbáns Partei ist damit erneut entfacht.
Juncker geht zu weit
Für gefährlich hält Der Standard Junckers Forderung:
„Der Christdemokrat fordert seine Parteienfamilie, die EVP, dazu auf, Orbáns Fidesz auszuschließen. Das mag persönlich verständlich, sogar sympathisch sein. Aber Juncker ist Präsident der Kommission, kein Parteipolitiker. Er sollte über Parteien stehen, sich nicht in Wahlkämpfe werfen. Das schwächt nur die unabhängige Rolle der Kommission. Wenn Juncker glaubt, dass Orbán und Co gegen die EU-Charta verstoßen, könnte er sofort ein Verfahren einleiten. Für die EVP wäre ein Ausschluss Orbáns strategisch jedenfalls heikel. Laut Prognosen wird sie im Mai deutlich an Stimmen verlieren - so wie die Sozialdemokraten auch. Die Fraktion der radikal Rechten im EU-Parlament würde durch die Aufnahme von Fidesz deutlich gestärkt werden.“
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Nicht rauswerfen, sondern ächten
Ein Ausschluss der Fidesz-Partei aus der EVP würde nicht helfen, glaubt Zeit Online:
„[D]ie Gelegenheit, sich zum gesamteuropäischen Märtyrer zu stilisieren, sollte man Orbán nicht geben. ... Wer ihn bekämpfen will, der hat eine Vielzahl anderer Möglichkeiten. Das gilt für die Europäische Union, das gilt für die EVP, das gilt für die Mitgliedsstaaten der Union. Sie alle können Orbán auf unterschiedlichen Ebenen zusetzen. Man ... kann ihn finanziell an die kürzere Leine nehmen, man kann ihm die große Bühne verwehren, man kann auch ohne ihn zu den Ungarn sprechen, man kann diesen Mann also auf eine ebenso stille wie effiziente Weise ächten.“
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Mit dieser Partei gibt es keinen Dialog
Die EVP schadet sich selbst und dem europäischen Parlamentarismus, indem sie die Fidesz-Partei in ihren Reihen behält, kritisiert Sega:
„Anfangs konnte man zwar schwer erkennen, dass Orbán von Natur aus ein Nazi ist. Doch die Züge eines Diktators waren bereits unverkennbar. Die EVP tat dies als vorübergehende Laune ab und sah darin nichts, was die EU in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurückwerfen könnte. Ohne Aufsicht und Kontrolle gelassen, machte Orbán jedoch weiter. Dennoch gibt es in der EVP immer noch Politiker, die glauben, dass es besser wäre, wenn Orbáns Partei Fidesz in den Reihen der EVP bleibt, damit der Dialog nicht abbricht. … Das Problem ist jedoch, dass es gar keinen Dialog gibt.“
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Jetzt reicht es sogar der Union
Mit der Distanzierung sogar von CDU/CSU hätte der ungarische Regierungschef wohl nicht gerechnet, glaubt Gazeta Wyborcza:
„Für Orbán ist die Reaktion sicherlich ein Schock. Mit Angela Merkel verband ihn eine raue Freundschaft. Der ungarische Premier kritisierte die deutsche Kanzlerin gnadenlos für ihre Entscheidung vom September 2015, als Deutschland beschloss, alle Flüchtlinge der Balkanroute aufzunehmen. Laut Orbán brachte Merkel auf diese Weise eine Katastrophe nach Europa. Tatsächlich hat Merkel Ungarn vor einer humanitären Katastrophe gerettet. … Merkel nahm Orbáns Angriffe mit stoischer Ruhe auf. Sie traf ihn danach weiterhin sehr oft.“
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Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns
Die Regierung Orbán sieht in allem und jedem einen Feind, erklärt Népszava:
„Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns, genauer: gegen das Land. Diese Haltung offenbart sich in einer nicht enden wollenden Dauerkampagne. Belehrungen und Kritik aus dem Ausland, wie jene Junckers, werden als ungarnfeindliche Weltverschwörung wahrgenommen, hinter der selbstredend der böswillige
George Soros steht. Jeglicher Korruptionsverdacht, der vonseiten der Medien gegenüber der Regierung geäußert wird, wird ebenfalls als Teil dieser großen Verschwörung abgetan. Mithin ist es vollkommen selbstverständlich, dass die Regierung sich im Interesse des Landes verteidigt. Hierzu gehört eben auch ihre permanente 'Aufklärungskampagne'. Auf Großplakaten, im Fernsehen und in den
immer zahlreicher werdendenregierungstreuen Medien.“
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