Tanjev Schultz: NSU. Der Terror von rechts und das Versagen des Staates
Interview mit Schultz
"[...] Es waren, glaube ich, nicht nur einzelne Fehler, die man vielleicht verzeihen könnte, die auch überall natürlich vorkommen, in allen Behörden und bei allen möglichen Vorgängen, sondern es waren teilweise tatsächlich systemische, strukturelle Gründe, die dann sich verkettet haben mit vielen einzelnen Fehlern, die man aber auch in einer großen Breite betrachten muss. [...]"
kritische Rezension von NSU Watch
"[...] Aber Schultz will es als liberaler und moderater Berichterstatter einfach allen Recht machen. Selbst den engagierten Teil der rund 60 Nebenklagevertreter_innen im NSU-Prozess, der allein bis zum Schluss für eine tatsächlich „lückenlose Aufklärung“ (Kanzlerin Merkel) gekämpft hatte und vom Urteil des Münchener Staatsschutzsenats entsetzt war, gemeindet er am Schluss in die Erfolgsgeschichte des Prozesses und des Rechtsstaats ein: „Und so haben nicht zuletzt die engagierten Nebenklage-Vertreter dem Rechtsstaat Ehre gemacht“ (S. 415).
Dass einige diese Ehrenerklärung zurückweisen würden, ficht Schultz nicht an, auch nicht dass Antonia von der Behrens in ihrem brillanten Plädoyer eine Mitverantwortung der Inlandsgeheimdienste an der Mordserie des NSU herausarbeitete. Von der Behrens macht ganz klar, „dass das Netzwerk des NSU groß und bundesweit war und dass von einem abgeschottet agierenden Trio ebenso wenig die Rede sein kann wie davon, dass die VS-Behörden keine Kenntnisse über Ursprung und Existenz des NSU hatten“[1]. Trotz dieses Wissens hätten die Behörden nicht eingegriffen, um die Verbrechen zu verhindern, die vor ihren Augen vorbereitet und begangen wurden. Im Gegenteil, mehrere Nebenklageanwält_innen wiesen darauf hin, dass ohne staatliche Hilfe die dortige Naziszene nicht in dieser Weise hätte gedeihen können. Warum aber lassen, fragt die Anwältin, staatliche Stellen derartig monströse Strukturen entstehen? Die Frage nach einem Motiv für das Handeln der Sicherheitsbehörden sei unbeantwortet, so von der Behrens. Die dargestellten Vorgänge zeigten aber deutlich, „dass nichts für Fehler, sondern alles für gezieltes Handeln spricht“. Auf diesen ungeheuerlichen Befund kann Schultz gar nicht eingehen, weil er es sich vermutlich auch mit den Behörden und Diensten nicht verderben will. [...]"
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