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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Enttäuschung vieler Europäer über den Nato-Gipfel und G7-Treffen in harten Worten Ausdruck verliehen. „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen“, sagte sie während einer Bierzeltrede in München mit Blick auf die kompromisslose Haltung von US-Präsident Donald Trump. Europas Presse diskutiert die Vorteile einer solchen Emanzipation und was sich dafür ändern müsste.
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Jetzt wissen wir, woran wir sind!
Dank Donald Trump weiß Europa jetzt ganz genau, dass es auf die USA nicht mehr zählen kann und an seiner eigenen Stärke arbeiten muss, findet der Kurier:
„Einen rüpelhaften Milliardär, der seine Schwäche hinter groben Sprüchen verbirgt, musste Angela Merkel schon einmal ertragen. Wer redet heute noch von Silvio Berlusconi? Mit Donald Trump ist es anders. Er hat seine Verachtung gegenüber den Partnern in Europa so deutlich gemacht, dass wir nicht einfach auf seine baldige Absetzung wegen Zusammenarbeit mit den Russen und Korruption im Amt hoffen können. Selbst in diesem Fall wird sich das atlantische Bündnis verändern. Wenn Trump für nichts anderes gut war, dann dafür, Klarheit in Europa zu schaffen: Die Nachkriegszeit ist zu Ende, auf die USA kann sich Europa im Zweifel nicht mehr verlassen, der Kontinent wird seine Wirtschaftskraft auch politisch und militärisch einsetzen oder jede Bedeutung verlieren.“
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EU muss endlich den Wandel wagen
Emanzipation bedeutet Veränderung, und für Veränderungen ist es höchste Zeit, drängt Le Soir:
„Europa hat gar keine andere Wahl: Es muss geostrategisch stärker und eigenständiger werden. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn es seine internen Probleme löst. Macron muss erfolgreich reformieren, damit Frankreich seine ehrgeizigen Ziele erreichen kann. Angela Merkel muss den deutschen Haushaltsüberschuss endlich zur Dynamisierung von Wachstum und Investitionen in Europa einsetzen. Italien muss sein Finanzsystem sanieren. Die Euro-Zone muss sich ein für alle Mal verantwortungsvoll zeigen und Griechenland aus der Krise führen. Und die EU als Gesamtheit, die im derzeitigen Brexit-Wahnsinn sämtliche Vorteile einer Mitgliedschaft im Bündnis wiederentdeckt, muss sich eine bessere Entscheidungsstruktur und Entscheidungsfähigkeit verleihen. Ohne die bleibt sie auf globaler Ebene ein politischer Zwerg. Das ist zwar noch nicht alles, aber schon eine ganze Menge.“
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Merkel weist den Weg
Mit nur wenigen Worten könnte die Bundeskanzlerin eine neue politische Richtung eingeleitet haben, schreibt Jyllands-Posten:
„Die deutsche Kanzlerin ist bekannt für ihre Vorsicht und sagt - gerade in einem Wahljahr - selten etwas, das nicht gründlich durchdacht ist. Außerdem gilt sie als große Bewunderin der USA. Für sie ist der Atlantik etwas, das verbindet, nicht trennt. Ihre von den USA bisher noch nicht kommentierte Rede könnte bedeuten, dass Deutschland erkannt hat, dass Europa sich um die meisten seiner Probleme selbst kümmern muss und dass Berlin den Weg weisen will. Das Besondere mit den Deutschen ist, dass sie Ärger bekommen, wenn sie die Führungsrolle übernehmen, und ebenfalls Ärger bekommen, wenn sie es nicht tun. Das Gleiche gilt übrigens für die Amerikaner. Deutschland verdient Anerkennung, wenn es sich weiter ins Geschirr legt. Die Bundesrepublik ist eine der solidesten Demokratien, die man sich denken kann. Wer sonst also sollte es tun?“
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Auch militärisch muss Europa stärker werden
Auch wenn es manche nicht gerne sehen, dass gerade Deutschland die Initiative zu militärischer Aufrüstung ergreift, ist dies nach Meinung von Sydsvenskan sinnvoll, denn:
„so lange das in den einzelnen Ländern geschieht - und im Rahmen der Nato und der engsten Verbündeten - ist das ein klarer Schritt zu mehr Sicherheit. Es darf kein Machtvakuum entstehen, wenn die USA sich militärisch einen Schritt aus Europa zurückziehen. ... Die EU-Staaten müssen natürlich weiterhin gute Beziehungen zu den USA anstreben. Die westliche Welt muss zusammenhalten. Aber Merkels Sätze zeigen, dass sich die Weltordnung verändert. Das muss nicht so dramatisch sein, wie es klingt. Wenn die EU-Zusammenarbeit gestärkt wird und Europa größere Verantwortung übernimmt, könnte das in mancher Hinsicht auch gut sein.“
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Die Zeit zur Emanzipation kommt erst noch
Sich auf Gipfeltreffen stark zu zeigen ist gut, aber zu echter Emanzipation gehört noch mehr, führt Právo aus:
„Schon am 8. Juli wird Trump erneut in Europa sein. Da kommt er zum G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die Vorstellung, dass er sich bei dieser Gelegenheit ähnlich wie jetzt aufführt, bereitet der Kanzlerin Alpträume. Deshalb baut sie schon einmal vor. Es wäre interessant zu sehen, ob sich Europa tatsächlich von den USA emanzipieren und sich um sich selbst kümmern könnte. Irgendwann kommt die Zeit dafür. Um sich erfolgreich zu emanzipieren, muss Europa aber in seiner Außenpolitik gänzlich anders vorgehen als beispielsweise Großbritannien und Frankreich in Libyen. Und in seiner Innenpolitik muss es sich lossagen vom 'moralischen Imperialismus' des Westens, der insbesondere Deutschland in der Flüchtlingskrise geleitet hat.“
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Skepsis ist geboten
Wenn Merkel sagt, Europa müsse sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, dann sollte erst einmal das Ziel klar sein, meint Dennik N:
„Vor kurzem erst hat der EU-Kommissionspräsident noch fünf verschiedene Szenarien für die Entwicklung der EU präsentiert. Und so sehr man sich über den Ausgang einiger Wahlen in Europa gefreut hat - der Prozentsatz der EU-Skeptiker ist relativ hoch geblieben. ... Es wäre toll, wenn die EU oder die europäischen Nato-Staaten ihr Schicksal in die eigene Hand nähmen - mit einem funktionierenden Euro und gesicherten Grenzen. Ohne die Tendenz, andere unter Druck zu setzen und ihnen die eigenen Vorstellungen aufzudrängen. Doch ist Europa darin wirklich besser als Trumps Amerika? Da ist Skepsis geboten.“
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Trump als Katalysator für EU-Vertiefung
Dass sich Kanzlerin Merkel in ihrer Rede von den USA distanziert hat, liegt nicht nur am Wahlkampf in Deutschland, führt die Neue Zürcher Zeitung aus:
„Es gehört zum Standardrepertoire europäischer Politik, Krisen zur Vertiefung des europäischen Einigungsprozesses zu nutzen. Dieser ist mit der Finanzkrise und der Flüchtlingskrise ins Stocken geraten. Mit der Wahl des unbeliebten, isolationistischen, nie mit EU-feindlichen Sprüchen geizenden Provokateurs Trump zum amerikanischen Präsidenten sieht Europas Politikerelite nun eine neue Chance gekommen. Sie stellt Trump als Herausforderung dar, auf welche die Europäische Union entschlossen reagieren muss. Natürlich hat dies nach dem gewohnten Muster auszufallen - indem die Mitglieder ihre nationalen Differenzen überbrücken und näher zusammenrücken.“
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