Das Parlament in Edinburgh unterstützt die Pläne von Regierungschefin Nicola Sturgeon für ein neues Unabhängigkeitsreferendum. Demnach soll London den schottischen Bürgern erneut eine Volksbefragung ermöglichen - und dies noch vor dem Brexit, das heißt spätestens im März 2019. In der Presse stoßen die neu angefachten Unabhängigkeitsbestrebungen der Schotten auf Verständnis.
THE ECONOMIST (GB)
Wunsch nach Selbstbestimmung nachvollziehbar
Schottland hat allen Grund, mehr Unabhängigkeit zu fordern, argumentiert The Economist:
„Vor dem Brexit-Referendum überzeugten die EU-Skeptiker viele britische Wähler mit dem Argument, dass Großbritannien gegenüber dem weit entfernten Brüssel wieder die Kontrolle über die eigenen Gesetze zurückgewinnen müsse. Das gleiche Prinzip muss auch für Schottland gelten, wo die Tories zuletzt bei Wahlen im Jahr 1955 die meisten Parlamentssitze gewannen. Bei den Wahlen 2010 und 2015 erhielten die Tories gar nur einen Parlamentssitz - dennoch bekamen die Schotten am Ende einen konservativen Premierminister. ... Haben die Schotten trotzdem Einflussmöglichkeiten? Nun ja, sie haben um ein Abkommen gebeten, das Schottland trotz des Brexits Teil des EU-Binnenmarkts sein lässt. Doch Premierministerin Theresa May weigert sich vehement, eine solche Lösung auch nur anzustreben.“
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TAGES-ANZEIGER (CH)
May treibt Schotten in die Unabhängigkeit
Sollte Schottland letztlich für die Unabhängigkeit stimmen, liegt das an Großbritanniens Premierministerin, glaubt der Tages-Anzeiger:
„Kompromissvorschläge Edinburghs wurden ignoriert, niemand hielt die Beteiligung der Schotten an der Londoner Brexit-Planung für erforderlich. Theresa May verlor die Komplexität des weiteren Königreichs aus dem Blick. Nun muss sie sich, mitten im Brexit-Getümmel, um einen weiteren Konfliktherd kümmern. Am liebsten würde sie das schottische Verlangen ignorieren, es verzögern, die Sache im Sande verlaufen lassen. ... Die Sache hat ihre eigene Dynamik. Je mehr sich May gegen den Willen des schottischen Parlaments stellt, desto mehr treibt sie empörte Wähler Schottlands Separatisten in die Arme. Und je bitterer ihre Schlacht mit Brüssel wird, desto verlockender muss sich für viele die Vorstellung eines alternativen Wegs ausnehmen. Oder zumindest, in Schottland, die Chance einer Wahlmöglichkeit.“ (Peter Nonnenmacher)
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