eurotopics: Türkei-Frage spaltet die EU
TAGESSPIEGEL (DE) / 13. Dezember 2016
Zeit für eine neue Nüchternheit
Nach dem Militärputsch und den Anschlägen nur im Blick zu haben, inwieweit Erdoğan zum Diktator geworden ist, zeugt von der Voreingenommenheit des Westens, meint der Tagesspiegel:
„Zwar wurden die Angriffe aus europäischen Metropolen pflichtschuldig verurteilt, vehementer jedoch fiel die Kritik an der Wehrhaftigkeit aus, frei nach dem Motto: Terror? Ist schlimm. Krieg gegen den Terror? Ist noch schlimmer. Dabei gebietet ein Mindestmaß an Fairness, beides im Blick zu haben: das jeweilige Verbrechen und die darauf folgenden Handlungen der Regierung. ... [Es] ist Zeit für eine neue Nüchternheit. Europa braucht die Türkei wegen der Flüchtlinge. Die Türkei braucht Europa, um ein Ziel seiner Entwicklung vor Augen zu haben. Die AKP als Modell für die Maghreb-Staaten und den Nahen Osten? Das hat sich erledigt. Faktisch beendet dürften auch die EU-Beitrittsgespräche sein. Keine Seite glaubt noch an deren gütliches Ende in absehbarer Zeit. Also muss nach Alternativen gesucht werden, eine Zollunion vielleicht oder eine enge Verknüpfung wie mit Nicht-EU-Mitglied Norwegen.“
AFTONBLADET (SE) / 13. Dezember 2016
Nicht zu lasch gegenüber Ankara werden
Europa muss Ankara weiter die Stirn bieten - um der Türken willen, mahnt Aftonbladet:
„Auf lange Sicht werden Erdoğans europafeindliche Rhetorik und seine offensichtliche Verachtung für die Werte der EU wie Demokratie, Pressefreiheit und Menschenrechte ein immer größeres Problem. Unter Erdoğan putinisiert sich die Türkei immer schneller und ein Ende ist nicht in Sicht. Entlang der östlichen Grenzen der EU, von Moskau bis Ankara, wird die liberale Demokratie immer stärker angegriffen. Aber Europa muss weiterhin Forderungen an die Türkei stellen, die Menschen dort verdienen ihre Freiheit. Und indem wir Journalisten, Oppositionellen und anderen, die zur Flucht gezwungen werden, eine Heimstatt bieten, halten wir die Hoffnung aufrecht, dass das Regime eines Tages fällt.“
HÜRRIYET DAILY NEWS (TR) / 13. Dezember 2016
Europa muss Finger von PKK lassen
Der PKK wird in Europa zu viel Einfluss gewährt - daran muss sich nach den brutalen Terroranschlägen von Istanbul endlich etwas ändern, fordert Hürriyet Daily News:
„Es ist wahr, dass die Türkei mit ihrem Kurdenproblem viel sensibler umgehen sollte. Die Tatsache, dass dies nicht passiert, gibt jedoch keiner Regierung oder Institution in Europa die Lizenz zur Nachsicht gegenüber einer Gruppe, die wahllos mordet. ... Viele Länder in Europa erlauben der PKK, offen von europäischem Recht zu profitieren, fördern ihre Propaganda mit Straflosigkeit, lassen sie Geld sammeln und neue Kämpfer für ihren Terrorfeldzug in der Türkei rekrutieren. ... Wenn manche glauben, Ankara damit in Schach halten oder sich vor PKK-Attacken auf eigenen Territorium schützen zu können, dann spielen sie ein gefährliches Spiel. Terrorgruppen als verdeckte politische Instrumente zu nutzen, gereicht letztlich niemandem zum Vorteil.“
HÄMEEN SANOMAT (FI) / 13. Dezember 2016
Polizeistaat rückt immer näher
Nach den Anschlägen vom Samstagabend wurden rund 200 Politiker der kurdennahen HDP festgenommen. Dies zeigt einmal mehr die trostlose Lage der Türkei, bedauert Hämeen Sanomat:
„Die türkische Regierung hat einen neuen Grund bekommen für Repressalien, unter denen wahrscheinlich auch Unschuldige leiden müssen. Gleichzeitig rückt der Polizeistaat in der Türkei immer näher. Die Lage ist trostlos: Das Land hat sich zunehmend vom Weg der westlichen Integration entfernt. … Das Beispiel der Türkei zeigt, dass, wenn die Bedingungen günstig sind, in relativ kurzer Zeit eine Gesellschaft geschaffen werden kann, in der es nur eine Wahrheit gibt. … Im nächsten Jahr wird es wahrscheinlich weitere schlechte Nachrichten aus der Türkei geben. Vermutlich wird die Türkei die Todesstrafe wieder einführen und die EU-Beitrittsverhandlungen werden endgültig scheitern.“
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