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Wladimir Putin hat eine Verfassungsreform angekündigt. Das russische Parlament bekommt mehr Kompetenzen, der bisher nur beratende Staatsrat wird zu einem Verfassungsorgan. Kurz darauf erklärte die Regierung von Premier Medwedew ihren Rücktritt, sein Nachfolger wird Michail Mischustin, bislang Chef der Steuerbehörde. Beobachter versuchen, die Bedeutung dieser Veränderungen zu entschlüsseln.
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Putin wird als Putin weiterarbeiten
Für Gazeta Wyborcza ist klar, dass Putin Vorbereitungen für das Ende seiner Amtszeit trifft:
„Der Präsident will, dass die Verfassung 'den Status des Staatsrates' erhöht. Die Erwähnung dieses seltsamen Beratungsgremiums mit nicht näher festgelegten Kompetenzen könnte eine wichtige Ankündigung sein. Moskauer Beobachter haben sich schon lange gefragt, wo Putin nach 2024 'als Putin weiterarbeiten wird', also als Führer der Nation, der die Situation kontrolliert. ... Vielleicht wird er dann im Chef-Sessel des von ihm bis dahin mit großzügigen Rechten ausgestatteten Staatsrats Platz nehmen? Oder vielleicht geht er davon aus, dass er es als Regierungschef besser haben wird, und zögert deshalb, die Rolle von Regierung, Rat und Parlament nach dem 'Machtübergang' genau zu definieren?“
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Ein Präventivschlag des vielköpfigen Drachens
Auch Oppositionspolitiker Dmitri Gudkow zeigt sich in einem Blogbeitrag auf Echo Moskwy sicher, dass Putin trotz aller Rochaden die Fäden in der Hand behalten wird:
„Es ist sinnlos, jetzt zu diskutieren, welcher Posten nun geschwächt oder welche Behörde gestärkt wurde: Das sind alles Köpfe von Smej Gorynytsch [ein mehrköpfiger Drache aus der russischen Märchenwelt], die einen gemeinsamen Körper und einen gemeinsamen Schwanz haben. Putin hat beschlossen, nicht das Risiko einzugehen, eine ungeordnete Übergangszeit abzuwarten, sondern als erster zu agieren. Er schneidet alles auf sich zu, um sich nicht mehr durch irgendwelche Wahlen quälen zu müssen. Ein Umsturz der Verfassung kann auch so ablaufen: völlig legal.“
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Der Zar hat noch zwei, drei Jahrzehnte vor sich
Russland rutscht noch tiefer in den Sumpf des Autoritären ab, analysiert Telegram.hr:
„Das ist keine gute Nachricht für irgendjemanden auf der Welt, aber am schlimmsten ist es für die russischen Bürger, die nun auf einen Schlag einige Jahrzehnte weiter entfernt von der Demokratie sind. Hauptmerkmal autoritärer Regime ist die Angst vor den eigenen Bürgern und ein daraus resultierender Mangel an Legitimität. Es scheint, als hätte Wladimir Putin einen Weg gefunden, dieses Problem zumindest für einige Zeit zu umgehen und Russland unter seine dauerhafte, absolute Macht zu bringen. Putin ist nun 67, was heißt, dass er als 'Zar' noch zwei bis drei traurige Jahrzehnte an der Macht bleiben könnte.“
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Diktatorische Macht mit demokratischen Mitteln
Für Dagens Nyheter sind die jüngsten Vorgänge in Russland symptomatisch:
„Niemand dürfte glauben, dass Wladimir Putin jemals vorhatte, die Macht abzugeben, bevor er selbst es will. In der Türkei würgt Recep Tayyip Erdoğan kontinuierlich die demokratische Kontrolle ab, um Jahr für Jahr an den Macht zu bleiben, beispielsweise 2017 mit einem Referendum, das stark an Putins jüngste Aktion erinnert. Wir haben geglaubt, die Demokratie werde die Diktatur besiegen und Stimmzettel würden mächtiger als Waffen sein. Nun nutzen die Diktatoren Stimmzettel, um sich an die Macht zu klammern.“
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Riskante Manöver
Anders sieht die Dinge Der Bund und glaubt, dass Russlands Präsident die innenpolitische Stabilität des Landes aufs Spiel setzt:
„Das Vertrauen in den Präsidenten ist zwar die letzten Jahre deutlich gesunken, es bleibt aber hoch und bildet das Rückgrat seines Staates. Die Vertrauenswerte in Premier und Regierung sind viel tiefer, und dem Parlament trauen die Russen überhaupt nicht über den Weg. Zudem ist die Frage offen, welche Rolle sich Putin selber bei der ganzen Rochade herausnimmt. Will er in vier Jahren das Amt des mächtigen Premiers übernehmen? Das hat er schon einmal getan. Es ist beim Volk nicht gut angekommen und hat zu den Massendemos geführt. Putin ist kein Mann, der zweimal den gleichen Fehler macht. Das letzte Wort in Sachen Wachablösung dürfte deshalb noch nicht gesprochen sein.“
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Die USA und China haben am gestrigen Mittwoch ein Handelsabkommen unterzeichnet und ihren seit Monaten andauernden Streit zumindest teilweise beigelegt. Strafzölle auf beiden Seiten sollen gesenkt werden; außerdem verpflichtet sich die Volksrepublik dazu, in den USA gefertigte Waren in Höhe von 75 Milliarden US-Dollar zu kaufen. Europas Presse ist trotzdem alles andere als optimistisch.
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Der Verlierer heißt Europa
Das Ergebnis des Duells setzt vor allem einem Zuschauer zu, betont L'Echo:
„Solch ein Aufholprozess kann nur auf Kosten der anderen Lieferanten Chinas gehen, insbesondere Europas als dessen wichtigster Handelspartner. Derzeit wenden sich die Europäer wiederholt an den Schiedsrichter, die Welthandelsorganisation. Diese ist jedoch dem Tod nahe. Vorgestern haben die Wirtschaftsverbände der EU, Japans und der USA erstmals gemeinsam die Initiative ergriffen und eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die 'dringende Notwendigkeit', die Institution zu beleben, ansprechen. Dies ist nötig, denn sonst wird Europa eines Tages in den Ring steigen müssen. Derzeit sucht die Gemeinschaft immer noch nach ihren Handschuhen.“
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Handelsbeziehungen bleiben belastet
Der Deal kann nur ein erster Schritt sein, gibt Financial Times zu bedenken:
„Mit diesem Abkommen allein bleiben die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China weiterhin deutlich schlechter als sie es zu Trumps Amtsantritt waren. ... Es belässt die durchschnittliche Höhe der Zölle auf beiden Seiten bei rund 20 Prozent. Vor zwei Jahren lag der durchschnittliche US-Zollsatz für chinesische Importe bei drei Prozent. In die andere Richtung waren es acht Prozent. Der Deal lässt hoffen, dass sich die Handelsbeziehungen nicht weiter verschlechtern. Doch das sollte niemanden dazu verleiten, zu denken, dass sie gut sind. ... Wegen Zollerhöhungen und entsprechenden Gegenreaktionen verschlimmert sich die Rezession in der verarbeitenden Industrie in den USA. Chinas Wachstum hat sich verlangsamt. Und weitere vom Handel abhängige Volkswirtschaften sind in dieses Kreuzfeuer geraten.“
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Missverständnis oder Miteinander?
Laut Delo verdient das Abkommen Respekt; die Frage sei nur, was es langfristig bringt:
„Trump hat einen Don Quichote-Sieg über die rote Windmühle verkündet, die sich weiterhin im gleichen Rhythmus wie zuvor dreht. Es muss anerkannt werden, dass der US-Präsident gute Fragen in Bezug auf die Beziehungen zu China aufgeworfen hat. Allerdings haben es die Chinesen - Hut ab - geschafft, diese Fragen als ausgeklügelte Lügen zu verkaufen und das Feuer des Weißen Hauses mit Milliarden von Dollar zu löschen, mit denen sie ein wenig von Trumps Ego kaufen können. Eine Frage bleibt jedoch offen: Ist das ein Abkommen über ein Missverständnis zwischen der demokratischen Welt und der Autokratie? Ist es ein Miteinander zweier völlig unterschiedlicher Entwicklungsmodellen? Oder kommt es trotz allem zum Krieg? “
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Deal à la Trump kann nicht Europas Ziel sein
Auch wenn die Gefahr einer Eskalation erst einmal abgewendet ist, sollte das Abkommen kein Vorbild für Europa sein, kommentiert Der Tagesspiegel:
„[D]ie USA [haben] anderen westlichen Industrieländern, die ebenfalls unter unfairen chinesischen Handelspraktiken leiden, gezeigt: Sie sind nicht wehrlos, man kann China Grenzen setzen. ... Man muss China entgegentreten, man kann es auch, nur bitte mit mehr Augenmaß, wie man intelligent Druck ausübt und unerwünschte Folgen für die Weltwirtschaft minimiert. Das Ziel sollte nicht sein, mit China einen Deal à la Trump zu schließen: Ihr kauft bei uns Waren im Wert von x Milliarden Euro. Sondern China zu bewegen, die Regeln fairen Freihandels einzuhalten. Das nützt allen.“
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