Montag, 8. Juli 2019

euro|topics: Regierungswechsel in Griechenland

Mit dem Sieg der konservativen Nea Dimokratia bei der Parlamentswahl steht Griechenland vor einem Regierungswechsel. Am heutigen Montag soll Parteichef Kyriakos Mitsotakis als Premier vereidigt werden. Er verspricht Steuerentlastungen und Investitionen. Während Kommentatoren Verständnis für die Abwahl Syrizas zeigen, sehen sie die Erfolgsaussichten der neuen Regierung mit Skepsis.
ABC (ES)

Ende eines Irrwegs

Das waren sie also, die linkspopulistischen Ausflüge Griechenlands, resümiert ABC:
„Das politische Abenteuer unter Alexis Tsipras lässt sich einfach zusammenfassen: Im besten Fall hat Griechenland vier Jahre auf diesem Irrweg verloren, der das Land praktisch wieder an die Stelle geführt hat, wo es vorher war. Mit einem demagogischen und unrealistischen - also populistischen - Diskurs bestieg Tsipras die politische Bühne während der schwersten Wirtschaftskrise Griechenlands und machte unerfüllbare Versprechen. Von seinem skurrilen Wirtschaftsminister Yanis Varoufakis beflügelt, entschied er sich zunächst, die Dinge zu verschlechtern, indem er mit den europäischen Bündnispartnern die einzigen Länder verprellte, die bereit waren, ihm zu helfen, bis er schließlich bemerkte, dass er auf dem Holzweg war.“
zur Homepage
Teilen auf
FORMICHE.NET (IT)

Die Rechnung ist beglichen

Dass die Griechen genug von Tsipras haben, findet Roberto Arditti, Chef von Formiche.net, verständlich:
„Es sind nicht die internationalen Kredite, die den Haushalt saniert haben. Die berühmten 280 Milliarden Euro (so viel ist der geschätzte Betrag) wurden nur vorübergehend von den Finanzmärkten zur Verfügung gestellt und kehrten dorthin auch (mit kräftigen und immer besser garantierten Zinsen) prompt zurück. Die Sanierung Griechenlands erfolgte durch ein massives Manöver bei den Einkommen und den Sozialleistungen. Sie wurde somit vollständig von den Griechen bezahlt, die jetzt bis über den Hals verschuldet sind und bis 2060 milliardenschwere Raten zu zahlen haben. Deshalb wurde mit der Parlamentswahl schlicht und ergreifend eine seit vier Jahren offene Rechnung beglichen: Die Lüge von Tsipras im Jahr 2015 hat endlich ihre gerechte Strafe gefunden.“
Roberto Arditti
Teilen auf
Zum Originalartikel
TVXS (GR)

Syriza hat überlebt

Die bisherige Regierungspartei Syriza ist jedoch keinesfalls untergegangen, freut sich TVXS:
„Der Plan, der Partei eine 'strategische Niederlage' zu verpassen, ist gescheitert. Mit ihrem hohen Wahlergebnis (mehr als 31 Prozent), einem der höchsten innerhalb der Oppositionsparteien in Europa, ist sie nach wie vor der dominierende progressive Pol des politischen Systems, trotz der Schläge, die sie in den vergangenen vier Jahren erhalten hat. ... Alexis Tsipras ist nun aufgefordert, eine neue, besser organisierte und mächtigere Partei mit modernen Strukturen zu gründen, die den politischen Raum von der Sozialdemokratie bis zur radikalen Linken repräsentieren kann. Syriza muss sich sofort neu konstituieren, um gegen das neoliberale Programm von Nea Dimokratia zu halten.“
Zum Originalartikel
Teilen auf
DIE PRESSE (AT)

Gut gebrüllt, Löwe

Die neue Regierung wird keinen großen finanziellen Spielraum haben, erklärt Die Presse:
„[Mitsotakis] verspricht wieder viel, will die Privatisierungen vorantreiben, die Steuern senken und den Mittelstand entlasten, die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Gut gebrüllt, Löwe. Nur werden es die ausländischen Gläubiger kaum zulassen, dass der in der Eurozone nach wie vor am höchsten verschuldete Staat in seiner Sparpolitik nachlassen kann. Zu oft schon haben ausgabenfreudige Regierungen Griechenland in die Pleite manövriert. Also abwarten, was der Herr Mitsotakis angesichts dieser Zwangslage wirklich zusammenbringt.“
Burkhard Bischof
Teilen auf
Zum Originalartikel
DAGENS NYHETER (SE)

Noch immer kein modernes Land

Dass es mit dem Sieg der Nea Dimokratia nun aufwärts geht in Griechenland, steht auch für Dagens Nyheter noch nicht fest:
„Der derzeitige Parteichef, Kyriakos Mitsotakis, hat in Harvard studiert und versucht, sich von den alten schlechten Gewohnheiten seiner Partei zu distanzieren. Gleichzeitig muss aber der rechte Flügel bei Laune gehalten werden. Und auch wenn die versprochenen Steuersenkungen tatsächlich in Angriff genommen werden, sind Investitionen, ohne dass die Schulden erneut explodieren, in Griechenland alles andere als selbstverständlich. Steuerhinterziehung ist ein Nationalsport. Das Rentensystem ist zu teuer. Griechenland hat noch viel zu tun, bevor es sich als modernes europäisches Land qualifiziert.“
Gunnar Jonsson
Teilen auf
Zum Originalartikel

Keine Kommentare: