Mittwoch, 12. April 2023

euro|topics: Macron und von der Leyen bei Xi: Was ist die Bilanz?

 

Bei ihrem Besuch in Peking haben Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen Chinas Präsident Xi Jinping getroffen. Von der Leyen warnte vor chinesischen Waffenlieferungen an Russland und einem Angriff auf Taiwan, Macron hingegen schloss mit Xi neue Wirtschaftsverträge und sagte, Europa solle beim Thema Taiwan nicht als "Mitläufer" der USA agieren. Diese Signale bewertet die europäische Presse sehr unterschiedlich.

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (DE)

So viel Schaden mit ein paar Sätzen

Macron hat ein Desaster angerichtet, empört sich die Süddeutsche Zeitung:

„Macrons Gerede von der autonomen Macht Europa, die Äquidistanz zu Amerika und China halten müsse, war nicht nur mit den anderen EU-Regierungen nicht abgestimmt. Sondern es war geradezu eine Attacke auf die europäische und die transatlantische Einheit. Macron verwendete dafür das dümmste und staubigste Argument aus der gaullistischen Mottenkiste - dass die Europäer sich aus der vermeintlich ewigen amerikanischen Bevormundung lösen müssten. Mit seinem Interview hat der französische Präsident einen Keil in Europas Beziehung zu den USA getrieben und zugleich einen Graben quer durch Europa aufgerissen. So viel Schaden mit ein paar Sätzen anzurichten, muss man erst mal schaffen. “

Hubert Wetzel
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ONET.PL (PL)

Pariser Antiamerikanismus nichts Neues

Macron könnte mit seinen Aussagen kaum falscher liegen, meint Onet:

„Es hat Tradition, dass Frankreich seine Unabhängigkeit, seine Größe und seine imperialen Ambitionen in der Sprache des Ressentiments gegenüber den Vereinigten Staaten zum Ausdruck bringt. Das war 1966 der Fall, als der damalige Präsident Charles de Gaulle Frankreich auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges aus den militärischen Strukturen der Nato herausführte - aufgrund der Führungsrolle der USA. Oder als Macron selbst erklärte, die Nato sei hirntot. Drei Jahre nach dieser Aussage hat sich herausgestellt, dass die Nato unter Führung der USA die einzige internationale Organisation ist, die in der Lage ist, die russische Aggression einzudämmen.“

Michał Broniatowski
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MAGYAR NEMZET (HU)

Vernünftige konservative Politik

In der regierungsnahen Magyar Nemzet erntet Macron Lob:

„Die USA sind die Supermacht Nummer Eins der Welt, doch nicht jeder ist der Meinung, dass Washington zu folgen der einzig mögliche Weg ist. Auch Macron nicht, wie seine Aussagen zeigen. Als einzige Atommacht der EU und ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates ist Paris der Meinung, dass die EU einen Platz auf der Weltbühne verdient und dass es ein strategischer Fehler wäre, den großen und starken USA wie ein treuer Hund hinterherzutrotten. ... Der Politiker, der einst ein gefeierter Star der Liberalen war, betreibt heutzutage eine vernünftige, streng konservative Politik.“

Levente Sitkei
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LE SOIR (BE)

Good Cop, Bad Cop

Von der Leyen und Macron nahmen in China ganz unterschiedliche Rollen ein, beobachtet Le Soir:

„Wie von der Leyen schon in Brüssel klarmachte, konzentriert sich ihre China-Politik nunmehr auf eine Neuausrichtung und 'Risikominderung', damit die EU ihre Abhängigkeit begrenzt und ihre Autonomie in den wichtigsten Sektoren zurückgewinnt. Dies machte sie gegenüber Xi Jinping sowie Chinas Ministerpräsidenten Li Qiang entschieden deutlich. … Dahingegen spielte Macron die positive Karte der persönlichen Nähe zu Xi Jinping aus, indem er die Schlüsselrolle betonte, die das mächtige China bei der Lösung des Ukraine-Konflikts spielen kann. … Obwohl es ein wenig nach 'Good Cop, Bad Cop' aussah, sollte es der EU gelungen sein, ihrem chinesischen Partner wichtige Botschaften vermittelt zu haben.“

Véronique Kiesel
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RADIO KOMMERSANT FM (RU)

Reift ein gemeinsamer Friedensplan?

Radio Kommersant FM staunt über Pekings Vorab-Unterstützung einer eventuellen europäischen Friedensinitiative für die Ukraine:

„Am 7. April, als es schien, dass die geopolitischen Fragen ungelöst blieben, schlug Xi Jinping Emmanuel Macron vor, einen eigenen Friedensplan auszuarbeiten, und fügte hinzu, dass China ihn unterstützen und eine konstruktive Rolle bei seiner Umsetzung spielen würde. Eine Zustimmung a priori passt so gar nicht zum vorsichtigen und diplomatischen Peking. Offenbar haben die beiden Staatschefs und die EU-Kommissionspräsidentin dennoch Zeit gefunden, ausführlich über die möglichen Etappen einer Beilegung des Konflikts zu sprechen.“

Michail Gurevich
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