Dienstag, 8. März 2022

euro|topics: Nato lehnt Flugverbotszone über Ukraine ab - Ukraine-Krieg: Neue Achse Russland-China?

 

Präsident Selenskyj fordert von der Nato eine Flugverbotszone über der Ukraine, um die Bombardierung durch Russland zu stoppen. Alle Mitglieder des Verteidigungsbündnisses schließen diese Option bislang kategorisch aus. Präsident Putin bekräftigte seine Warnung, dass Russland einen solchen Schritt als Kriegserklärung verstehen und vergelten würde. Europas Presse ist gespalten.

MLADÁ FRONTA DNES (CZ)

Die einzig mögliche Entscheidung

Die Verhinderung eines Atomkriegs muss hier über das Leid eines einzelnen Landes gesetzt werden, stellt Mladá fronta dnes klar:

„Das Wort 'Flugverbotszone' klingt fast harmlos. Doch wer sie ausruft, muss sie auch durchsetzen. ... Politiker lehnten sie mit dem Argument ab, dass das in einen dritten, möglicherweise nuklearen, Weltkrieg führen könnte. ... Die westlichen Führer standen vor einer grausamen Frage: Ist die Ukraine es wert, deswegen in den Krieg mit der Atommacht Russland zu ziehen? Für den Westen ist das klassische Realpolitik, die nicht auf ein kleineres Land Rücksicht nehmen kann, das von einem großen überrannt wird. Früher hatten es Politiker vergleichsweise leicht. Sie trafen Entscheidungen alleine, sie standen nicht unter ständigem Druck von Videos im Internet.“

Milan Vodička
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NV (UA)

Nato muss helfen, unseren Himmel zu schützen!

Mehr Unterstützung von der Nato fordert der Schriftsteller Serhij Postolowskij in NV:

„Wir brauchen Luftabwehrsysteme, um das Grauen zu stoppen, das dieser blutige Tyrann auf unserem Boden anrichtet. Ich denke, dass unsere Partner uns zumindest dies nicht verweigern werden. Wenn sie Angst haben, den Himmel über der Ukraine zu schließen, sollen sie uns zumindest ihre schützenden Luftabwehrsysteme geben, mit denen wir den ukrainischen Luftraum selbst verteidigen. Der Westen muss dies tun, damit die Europäer in den kommenden Jahren mit Stolz sagen können, dass sie es waren, die den Himmel über der Ukraine geschlossen und nicht nur die Ukraine, sondern ganz Europa gerettet haben. Schließlich wird Putin sich nicht nur auf die Ukraine beschränken.“

Sergei Postolowski
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LIBERTATEA (RO)

So kann Selenskyj Verzichtserklärungen zustimmen

Obwohl er weiß, dass sie nicht angenommen wird, stellt der ukrainische Präsident die maximale Forderung, um sein Gesicht vor den eigenen Bürgern zu wahren, glaubt Libertatea:

„Indem Selenskyj die Nato um Unmögliches bittet, genauer genommen um den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs, erhält er in Wirklichkeit das nötige Alibi, um ein Kriegsende unter Bedingungen auszuhandeln, die seinem Image als unnachgiebiger Kämpfer schaden könnten. Da die Nato seine Forderungen öffentlich und kategorisch abgelehnt hat, wird der heldenhafte ukrainische Staatschef bevorstehende Verhandlungen rechtfertigen können, die mit Verzichtserklärungen einhergehen, die bis gestern noch unannehmbar schienen.“

Patrick André de Hillerin
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DE TELEGRAAF (NL)

Von Angst gelähmt

Die Nato darf sich nicht so einfach einschüchtern lassen, klagt De Telegraaf:

„Nichts steht Präsident Putin im Weg, um eine unabhängige und freie Ukraine zu vernichten. Der Westen war nicht in der Lage, diesen Despoten zu stoppen. Ja noch schlimmer, Putin wird deutlich gesagt, was die Verbündeten vor allem nicht tun werden: Keine Flugverbotszone und keine Bodentruppen. Eingreifen steht nicht zur Debatte, wird betont, weil die Ukraine nicht der Nato angehört. Angesichts dieses Arguments fragt man sich, was die Allianz tun würde, sollten andere Länder außerhalb der Nato - wie Finnland, Schweden oder Moldau - angegriffen werden. Ist dann eine verschleierte atomare Drohung auch Anlass, um auf eine Einmischung zu verzichten? Die aktuelle auf Angst basierende Zurückhaltung verheißt nichts Gutes.“

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AAMULEHTI (FI)

Neutrale Staaten sind auf sich allein gestellt

Sofern sich Finnland nicht durch Nato-Beitritt oder andere Verträge Beistand sichert, würde es im Angriffsfall alleine dastehen, schreibt Aamulehti:

„Die Bürger fragen sich nun, wie unser Militär und die Zivilgesellschaft in der gleichen Situation reagieren würden. Die finnischen Streitkräfte haben über Jahrzehnte hinweg die Fähigkeit aufgebaut, eigenständig konventionelle Angriffe abzuwehren. Wir verfügen über eine der größten militärischen Kapazitäten in Europa, moderne Waffen, gute lokale Verteidigung, eine Reserve und Verteidigungswillen. All das wussten wir bereits und der Einmarsch der Russen hat nun weitere Erkenntnisse gebracht: Man kann sich nur auf seine eigenen Streitkräfte verlassen. Die Unterstützung von anderen Ländern müsste rechtzeitig sichergestellt werden.“

Jussi Tuulensuu
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Nato lehnt Flugverbotszone über Ukraine ab
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Krieg in der Ukraine: Wer kann vermitteln?

Israels Premier Bennett versucht sich bereits als Vermittler im Ukraine-Krieg. Nach einem Besuch bei Putin in Moskau kam er nach Berlin. Aber auch China ist für eine Mediatorenrolle im Gespräch. Europas Presse prüft die Eignung und stellt die Frage, welche Eigeninteressen Staaten verfolgen, wenn sie sich als Vermittler anbieten.

SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (DE)

Bennett ist als Mediator ungeeignet

Israel ist für eine Vermittlerrolle zu schwach und nicht frei von Eigeninteresse, erklärt die Süddeutsche Zeitung:

„Israel passt insgesamt nur schlecht in eine Mediatorenrolle - und das nicht nur, weil es sich im eigenen Konflikt mit den Palästinensern oft genug gegen jede Vermittlung gesträubt hat. Wer einen Konflikt von außen beenden will, der muss entweder so stark und mächtig sein, dass er die Kontrahenten mit Zuckerbrot und Peitsche zum Einlenken bewegen kann. Oder er muss komplett neutral und ohne eigene Interessen sein. Beides passt nicht auf Israel. ... Putins Wohlwollen wird gebraucht, um im benachbarten Syrien mit Luftschlägen gegen iranische Umtriebe vorgehen zu können.“

Peter Münch
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LE TEMPS (CH)

Chinas große Chance auf Image-Politur

China würde mächtig profitieren, wenn es zwischen Russland und dem Westen ausgleichen könnte, meint Le Temps:

„Für das Reich der Mitte bietet sich die perfekte Gelegenheit, sich an seinem strategischen Gegner, den USA, zu rächen und seine Soft Power unter Beweis zu stellen – zu einem Zeitpunkt, an dem sein Image wegen seines Umgangs mit den Menschenrechten und seiner Machtdemonstrationen im Südchinesischen Meer beträchtlich leidet. Wenn China als Friedensstifter auftritt und so die Covid-19-Krise vergessen macht (wobei es im Hinblick auf Taiwan natürlich genau beobachtet, wie die USA und die Nato die Ukraine-Krise handhaben), stellt das Peking ins Zentrum des Geschehens. Mit einem Vorteil: Es ist nicht selbst am Konflikt beteiligt.“

Thierry Madiès
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LA STAMPA (IT)

Holt Merkel zurück!

Europas letzte Friedenshoffnung heißt Angela Merkel, meint der Geopolitik-Experte Lucio Caracciolo in La Stampa:

„Sollte die Exkanzlerin aus ihrem wohlverdienten Urlaub zurückkehren und nach Moskau und Kyjiw fliegen, um die Bedingungen für einen sofortigen Waffenstillstand als Auftakt zu einem dauerhaften Abkommen über die Struktur der Ukraine auszuhandeln, würde sie als Europas Friedensstifterin in der Stunde der größten Gefahr in die Geschichte eingehen. Bevor die Russen den Ukrainern den Zugang zum Meer abschneiden, wie sie es mit ihrem Marsch auf Odessa versuchen. Und bevor andere Länder zufällig oder absichtlich in den Konflikt hineingezogen werden.“

Lucio Caracciolo
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Krieg in der Ukraine: Wer kann vermitteln?
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Ukraine-Krieg: Neue Achse Russland-China?

Russland und China hatten in den vergangenen Jahren ihre Beziehungen ausgebaut. Nach dem offenen Bruch mit dem Westen scheint Moskau nun stärker auf Pekings Unterstützung angewiesen, das sich in der Ukraine-Frage bislang neutral gibt. Wer von einer neuen Achse zwischen China und Russland profitieren würde, hinterfragen Kommentatoren.

GÖTEBORGS-POSTEN (SE)

Eine neue globale Wirtschaftsordnung entsteht

Die Sanktionen der westlichen Welt werden Russland nur vorübergehend hart treffen, glaubt Göteborgs-Posten:

„Auf längere Sicht können Länder wie China und Indien ihre eigenen Währungen für den Handel mit Russland nutzen. ... Schon jetzt hat Russland, wenn auch in begrenztem Maße, Alternativen zum SWIFT-System geschaffen. In den letzten Jahren war es zudem bestrebt, eine vom Westen abgekoppelte digitale Infrastruktur aufzubauen. ... Auf längere Sicht wird sich Russland vermutlich mit Hilfe Chinas [an die neuen Umstände] anpassen. Was jetzt begonnen hat, ist nicht nur ein Krieg zwischen zwei Ländern. Es ist der Beginn einer neuen Aufteilung der globalen Wirtschaft.“

Adam Cwejman
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THE IRISH TIMES (IE)

Großrussland wird zu Kleinchina

Der Bruch mit dem Westen zwingt Moskau in ein Abhängigkeitsverhältnis mit Peking, ist The Irish Times überzeugt:

„Die Polarisierung [durch die Ukraine-Krise] ist wirklich schlecht für Russland. Kurzfristig hat Putin durch die Wiederbelebung des Kalten Krieges die Nato wiederbelebt. ... In welcher geopolitischen Lage wird sich Russland letztlich wiederfinden? Höchstwahrscheinlich wird das Land als Satellitenstaat Chinas enden – es sei denn, Putin wird gestürzt und seine Politik rückgängig gemacht. Wenn du eine Mauer zwischen dir und dem Westen errichtest, beförderst du dich in den Orbit der anderen großen Wirtschaftsmacht. Und wirst zum Rohstofflieferanten für eine viel reichere Supermacht. Großrussland endet als Kleinchina. Viel Glück dabei.“

Fintan O'Toole
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LA TRIBUNE (FR)

China braucht den Westen mehr als Russland

Wirtschaftlich gesehen dürfte China kein Interesse daran haben, sich explizit auf Russlands Seite zu schlagen, erklärt La Tribune:

„Tatsache ist, dass diese beiden Volkswirtschaften nicht eng verschmelzen können, da China angesichts der geringen Wirtschaftskraft Russlands keinen nennenswerten Nutzen daraus ziehen würde. ... China als Russlands wichtigster Handelspartner ist diesem industriell, bei den Exporten und beim BIP weit überlegen und hat daher wirklich kein Interesse daran, die europäischen und amerikanischen Wirtschaftskolosse wegen eines wirtschaftlich und finanziell unbedeutenden Russlands zu verprellen. Sobald dieser Krieg vorbei ist, wird es daher Russlands einziger Ausweg sein, schnell zum Vasallen des Reichs der Mitte zu werden.“

Michel Santi
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