Montag, 27. September 2021

euro|topics: Bundestagswahl: Was kommt auf Europa zu? Was will Deutschland?

 

Die SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat die Bundestagswahl knapp für sich entschieden. Mit 25,7 Prozent der Stimmen liegen die Sozialdemokraten vor CDU und CSU (24,1 Prozent), den Grünen (14,8 Prozent) und der FDP (11,5 Prozent). Da SPD und Union die große Koalition eher nicht fortsetzen wollen, deutet sich erstmals eine Drei-Parteien-Regierung an. Kommentatoren glauben, dass das die Austeritätspolitik zurück auf die europäische Tagesordnung bringen könnte.

LA REPUBBLICA (IT)

Bitte kein FDP-Finanzminister

Die Koalitionsverhandlungen werden auch über die Zukunft des Euro-Stabilitätspaktes mitbestimmen, schreibt La Repubblica:

„Die Bundestagswahl wird unsere Zukunft mehr beeinflussen als die italienische Wahl, wann immer sie stattfinden wird. Vor allem, wenn in Berlin eine Regierung mit den Liberalen als Zünglein an der Waage gebildet wird - und mit ihrem Vorsitzenden Christian Lindner als Finanzminister. ... In diesem Fall wird der Druck Deutschlands, so schnell wie möglich zur fiskalischen (und monetären) Sparsamkeit zurückzukehren, sehr stark werden. Für Italien würde die Vor-Covid-Version des Stabilitäts- und Wachstumspakts Instabilität, Wachstumsrückgang und eine immer weiter wachsende Verschuldung bedeuten.“

Lucio Caracciolo
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KATHIMERINI (GR)

Athen hält den Atem an

Eine Ampelkoalition in Deutschland könnte für Griechenland gute und schlechte Folgen haben, findet Kathimerini:

„Die Grünen beanspruchen bereits das Außenministerium, eine Entwicklung, die für unser Land aufgrund der harten Haltung der Partei gegenüber der Türkei und ihres Vorschlags einer großzügigen Geste gegenüber Athen, was die Reparationen angeht, eher positiv sein wird. Andererseits wäre die Ernennung des FDP-Chefs Christian Lindner, eines Verfechters der Fiskalorthodoxie, zum Finanzminister eine schlechte Nachricht für Griechenland und Europa in einer Zeit, in der Entspannung eine Voraussetzung für die Erholung von der Pandemie ist.“

Xenia Kounalaki
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JYLLANDS-POSTEN (DK)

Jamaika käme dem Norden entgegen

Jyllands-Posten ist gespannt darauf, welche Farben Deutschlands erste Drei-Parteien-Koalition tragen wird:

„Eine Schlüsselrolle kommt dabei der liberalen FDP zu. Die Partei hat unter dem charismatischen Christian Lindner ein gutes Wahlergebnis eingefahren und war, historisch gesehen, ohne Probleme Juniorpartner sowohl in einer sozialdemokratischen wie auch in einer bürgerlichen Regierung. Wenn es in letztgenannte Richtung geht, könnte Lindner der neue Finanzminister werden. Darüber wären nicht zuletzt die nordeuropäischen Länder froh, die in der EU eine Art Sparerbund bilden. Das gilt auch für Kopenhagen.“

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POLITYKA (PL)

Schwache AfD gut für Polen

Polityka widmet sich den Wahlverlierern:

„Neben den Christdemokraten sind das sicherlich die postkommunistische Linke (am Rande der Fünf-Prozent-Hürde) und die AfD [mit 10,3 Prozent], die von einigen als rechtsextrem, von anderen als nationalkonservativ bezeichnet wird. Die AfD, die vor vier Jahren viele Wähler gewann, die sich über die Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen in Deutschland empörten, geht aus dieser Wahl geschwächt hervor. ... Deutschland zeigt sich widerstandsfähiger gegen den Rechtspopulismus als die meisten anderen Länder Europas. Das ist eine gute Nachricht für Polen, denn die AfD als Pro-Putin- und Anti-EU-Partei findet hier nur bei den Unterstützern der rechten Konfederacja-Partei Zustimmung, und der ganze Kontinent braucht ein starkes Deutschland in einer starken EU.“

Cezary Kowanda
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LA RAZÓN (ES)

Berlin und Paris mit sich selbst beschäftigt

Monatelange Koalitionsverhandlungen sind nicht gerade das, was Europa jetzt braucht, schreibt La Razón:

„Die Lage bereitet den EU-Partnern zwar keine größeren Sorgen, zumal sie jede Regierungskoalition unter Einbezug der Populisten am linken oder rechten Rand ausschließen können. Aber es ist auch keine besonders wünschenswerte Situation, wenn man bedenkt, dass auch Frankreich gerade in einen komplizierten Wahlprozess eintaucht. Das bedeutet, dass beide Lokomotiven der EU mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sein werden. Und das zu einer Zeit, in der man dringend ein einheitliches Handeln erreichen sollte, um die wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Probleme anzugehen, die aus der Coronavirus-Pandemie resultieren.“

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Bundestagswahl: Was kommt auf Europa zu?
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Wie viel Veränderung will Deutschland?

Erstmals seit 16 Jahren wird nicht mehr Angela Merkel im Bundeskanzleramt sein. Doch die Deutschen haben nach dieser langen Zeit keinen radikalen Wechsel gewählt, stellen Kommentatoren teils erfreut, teils belustigt fest.

HOSPODÁŘSKÉ NOVINY (CZ)

Wenig Begeisterung für Neues

In gewisser Weise spielt es keine Rolle, wer jetzt in welcher Konstellation Kanzler wird, meint Hospodářské noviny:

„Welche Regierung auch immer gebildet wird, es wird eine Übergangsregierung sein, die die Deutschen über Jahre des grundlegenden wirtschaftlichen oder technologischen Wandels hin zu einer grünen und digitalen Wirtschaft bringen wird. Doch wie die Wahlergebnisse zeigen, sind die Deutschen von dieser Veränderung nicht so begeistert, wie es scheinen mag. Es ist, als ob die Deutschen den altbewährten Diesel nicht mehr mögen, aber auch noch nicht auf ein Elektroauto umsteigen wollen.“

Martin Ehl
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HVG (HU)

Keine Nachfrage nach Extremen

Die deutsche Demokratie hat den Krisentest bestanden, meint Hvg:

„Die Deutschen haben bewiesen, dass auch ohne Extremisten eine grundlegende Veränderung möglich ist. ... Die deutsche Demokratie hat sich als krisenfest herausgestellt. Die Wähler sind nämlich nicht in die Richtung der Ränder gewandert, sondern sie sind innerhalb des politischen Mainstreams geblieben.“

Márton Gergely
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JUTARNJI LIST (HR)

Der nüchterne Staatsmann punktet

Während Armin Laschet und Annalena Baerbock mit sinkender Popularität zu kämpfen hatten, konnte Scholz souverän punkten, analysiert Jutarnji list:

„Als Mandatsträgers (Scholz war die letzten vier Jahre Finanzminister und Vizekanzler), tat der Sozialdemokrat nur seinen Job. In Katastrophenzeiten wie Pandemien und Überflutungen ist der Platz des Finanzministers, der ermutigende Nachrichten über die Hilfen der Regierung verbreitet, medial im Vordergrund. Das hat Woche für Woche dem Wachstum von Scholz' Popularität geholfen und ihm eine Aura eines nüchternen Staatsmannes verliehen, der wusste, was im richtigen Moment zu tun war.“

Željko Trkanjec
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