Die Innenminister von Frankreich, Deutschland, Italien und Malta sowie Vertreter der finnischen EU-Ratspräsidentschaft und der EU-Kommission beraten am heutigen Montag auf Malta über einen Mechanismus zur Verteilung von Migranten, die auf dem Mittelmeer gerettet wurden. Kommentatoren sehen den Lösungsansatz skeptisch und erklären, was einem Durchbruch in der europäischen Migrationspolitik noch im Wege steht.
Minimallösung ist besser als nichts
Was nun auf Malta wohl beschlossen wird, ist eine Minimalvariante, kommentiert der Tages-Anzeiger:
„Nicht der grosse Wurf, aber besser als nichts. Die 'kleine Verteilung' formalisiert und beschleunigt, was bisher schon geschah, aber unter
Ächzen, Stöhnen und Herumeiern. Sie erspart Rettern und Geretteten die schreckliche Zeit des Wartens und der Ungewissheit. Das ändert nichts daran, dass die EU Machthabern und Milizenführern im gescheiterten Staat Libyen faktisch die Kontrolle über die zentrale Mittelmeerroute übertragen hat. Und es die europäische Wertegemeinschaft in Kauf nimmt, dass Migranten in libyschen Lagern festsitzen, die das deutsche Aussenministerium mit KZ verglichen hat.“
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Nur ein Tropfen auf den heißen Stein
Die anvisierte Lösung greift viel zu kurz, kritisiert The Daily Telegraph:
„Die EU wird das Abkommen zweifelsohne als Erfolg europäischer Zusammenarbeit feiern. Doch wenn die Übereinkunft durch eines besticht, dann ist es Mangel an Ehrgeiz. Derzeit geht es um die Umverteilung von 10.000 Flüchtlingen - ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man das mit der Menge an Menschen vergleicht, die weiterhin an Italiens Küsten eintreffen. Darüber hinaus basiert das Abkommen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Damit rückt man von früheren, umstrittenen Plänen ab, allen EU-Staaten Flüchtlingsquoten aufzuzwingen. ... Die EU macht sich zwar weiter für ihre Ideologie der offenen Grenzen stark, doch sie muss der Tatsache ins Auge sehen, dass offene Grenzen zwischen ihren Mitgliedstaaten politisch nicht machbar sind.“
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Umgang mit Wirtschaftsmigranten noch ungeklärt
Das Hauptproblem bleibt die Unterscheidung zwischen Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsmigranten, wirft La Repubblica ein:
„Der Schlüsselbegriff lautet 'Asylbewerber'. Italien und Malta wollen die Gewissheit, dass damit alle gemeint sind, die Asyl beantragen, auch Wirtschaftsmigranten. Um den neu entdeckten Europäismus Italiens zu begrüßen, könnten die Partner bereit sein, diese Interpretation zu akzeptieren. Macron selbst - zunächst skeptisch - soll Premier Conte diesbezüglich Garantien gegeben haben. Doch besteht das Risiko, dass die Partner im entscheidenden Moment doch nur diejenigen aufzunehmen gewillt sind, die eine große Chance auf Asyl haben (z.B. Syrer und Eritreer). ... Wenn dies der Fall wäre, würden die umzuverteilenden Migranten von 90 Prozent der Gesamtzahl auf weniger als 10 Prozent sinken.“
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Rückkehr-Regelung bleibt die Achillesferse
Was es darüber hinaus für einen Durchbruch in der europäischen Migrationspolitik braucht, glaubt NRC Handelsblad zu wissen:
„Die EU-Staaten wissen sehr genau, was sie Ländern wie Gambia im Tausch für die Rücknahme von illegal eingewanderten Migranten anbieten müssen. Haufenweise Vorschläge der Europäischen Kommission zählen das auf: legale Migrations-Kanäle wie Studienplätze und Arbeitsvisa in Europa, dazu Einrichtungen, um zurück geschickte Illegale im eigenen Land auszubilden. Deutsche und französische Politiker wissen, dass die Bürger vor allem dann die Aufnahme von Flüchtlingen akzeptieren, wenn es eine effektive Rückkehr-Politik gibt. Wenn es dieser EU-Gruppe gelingt, das zu regeln, dann werden mehr Länder mitmachen und Europa bekommt endlich die Migration in den Griff. Wenn nicht, dann weiß man in den europäischen Hauptstädten, was die Folge sein kann: Ein Comeback von Matteo Salvini.“
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Laut der Bewegung Fridays for Future haben sich vergangenen Freitag
mehr als vier Millionen Menschen in über 160 Ländern am Klimastreik beteiligt. Sie forderten die Politik auf, die im
Pariser Klimaabkommen beschlossenen Ziele einzuhalten.
Greta Thunberg demonstrierte in New York mit, wo ab dem heutigen Montag der UN-Klimagipfel stattfindet. Können die Protestler etwas ändern?
Den Kindern das Zepter überreichen
Da die Erwachsenen die Kinder nicht retten können, müssen diese es selbst tun, findet Dnevnik:
„Wir im 20. Jahrhundert Geborenen haben weder ein gutes Erklärungsmodell noch starke Hypothesen, die vorhersagen, was mit einem Planeten mit neun Milliarden Menschen geschieht, die sich in Nationalitäten, Kulturen, Religionen, wirtschaftliche Prioritäten und Informationsblasen in den sozialen Medien spalten. Das Einzige, was wir haben, sind veraltete Hypothesen. … Unsere Kinder sind jedoch fähig, die Lösungen der Gegenwartsprobleme zu finden und eine Antwort auf die Frage: Was folgt? Damit sie das tun können, müssen wir aber aufhören, ihnen beruhigende Gute-Nacht-Geschichten aufzutischen. Wir müssen die Probleme beim Namen nennen, unsere eigene Unwissenheit zugeben und ihnen das Zepter überreichen.“
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Bewegung darf sich nicht vereinnahmen lassen
Fridays for Future muss wachsam bleiben, mahnt Naftemporiki:
„Nach wie vor besteht die Gefahr, dass die vielversprechende Bewegung zu einer 'Mode' verkommt, die Politiker und Geschäftsleute ausnutzen, um zu zeigen, dass sie 'trendy' sind. Doch die Millionen junger Menschen, die die Straßen der Weltstädte überflutet haben, haben einige von uns an unsere eigene Jugend und den anhaltenden Drang nach einer besseren und gerechteren Welt erinnert.“
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Panikmache nicht übertreiben
Nach der Jugend verschärfen jetzt auch Politiker wie UN-Generalsekretär Guterres und Wissenschaftler ihre Warnungen vor der Erderwärmung. Panikmache sollte wohldosiert werden, mahnt La Tribune de Genève:
„Bringt uns Panik zum Handeln? Sagen wir, es ist ein effizientes Kommunikationsinstrument. Ansonsten sorgt sie vor allem für Agitation und Chaos beim Handeln. Gefährlicher noch: Durch apokalyptische Perspektiven ausgelöste Panik kann zu einem
Gefühl der Ohnmacht, zu Resignation und Tatenlosigkeit führen. Reisen, trinken und schlemmen wir weiter, so lange es noch geht, lautet die Devise der Verurteilten, wenn sämtliche Hoffnung geschwunden ist. Das ist eine der Gefahren, die aus der diesjährigen Mobilisierung für das Klima hervorgegangen ist. Wir wären gut beraten, ein wenig in Panik zu verfallen, ohne jedoch zu erstarren.“
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Der Planet existiert auch ohne Menschen weiter
Journalist Taavi Libe sucht in Õhtuleht nach Möglichkeiten, wie die Klimakatastrophe noch aufzuhalten ist:
„Für den Planeten Erde und all seine Bewohner wäre es wesentlich gesünder gewesen, wären wir Menschen in den Höhlen geblieben. ... Unsere Zivilisationen und Kultur sind von Beginn an das Ergebnis von Egoismus und dem Leben auf Kosten der anderen. ... Vielleicht sollten wir die Rettungsoperation umformulieren? ... Wir müssen nicht handeln, um den Planeten zu retten. Der Planet Erde tritt ein in die nächste Phase, in der er ohne Menschheit weiter existiert. Das Hauptziel der Menschen in der Rettungsoperation müsste sein, egoistisch zu handeln und sich selbst zu retten. Wenn diese Botschaft laut und klar in die Massen kommt, dann besteht vielleicht Hoffnung.“
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