Mittwoch, 4. September 2019

euro|topics: Großbritannien, Italien, Frankreich

Brexit-Machtkampf: Aufstand gegen Premier Johnson
Die Opposition im britischen Parlament will am heutigen Mittwoch Premier Johnson mit einem Gesetz dazu verpflichten, Brüssel um eine dreimonatige Aufschiebung des Brexit zu bitten. Sollte das Gesetz durchgehen, will Johnson Neuwahlen beantragen. Seine Tories sind durch den Wechsel eines Abgeordneten aktuell ohne Mehrheit im Parlament. Hat sich Johnson verzockt?
AFTONBLADET (SE)

Neuwahl ist Chance für die Briten

Die Tories haben 21 Abgeordnete aus der Fraktion ausgeschlossen, die mit der Opposition gestimmt hatten. Aftonbladet kann die Abgeordneten verstehen und fordert Neuwahlen:
„Großbritannien befindet sich in einer nationalen Notlage. Dass mehrere Mitglieder der Konservativen bereit sind, gegen ihre eigene Regierung aufzustehen, hat nichts damit zu tun, dass sie dies in irgendeiner Weise erfreulich fänden. Sie wollen das Wohl der Nation über das der Partei und das eigene Interesse stellen. Eine Neuwahl wäre eine angemessene Art, die Frage zu lösen. Zumindest angemessener, als sich einfach in den Abgrund zu stürzen, weil man sich nicht einigen kann. Eine Neuwahl gäbe den Briten indirekt eine weitere Chance, zu sagen, was sie vom Brexit halten, jetzt, nachdem die Alternativen klarer sind als sie es im Jahr 2016 waren.“
Wolfgang Hansson
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THE SPECTATOR (GB)

Tory-Rebellen missachten Volkswillen

Die 21 Abgeordneten der Konservativen, die gegen die Regierungslinie stimmten, handeln zutiefst undemokratisch, empört sich The Spectator:
„Alle diese sogenannten Tory-Rebellen sind Europa-Freunde. Es ist nicht ein No-Deal-Brexit, vor dem ihnen graut, nein. Es ist die Aussicht, die EU überhaupt in irgendeiner Form verlassen zu müssen. Sie beteuern, das Land sei wichtiger als die Partei, und so weiter und so fort. Dahinter steckt eine ungeheure Arroganz: Sie sind überzeugt, dass sie in ihrer unendlichen Weisheit genau wissen, was im Interesse des Landes ist. Das betrifft alles und jeden, der hier lebt. Und so fällt es ihnen und den linken Parteien, auf deren Seite sie sich schlagen, zu, den Brexit zu verwässern, hinzuhalten oder zu vereiteln - und das obwohl 17,4 Millionen Briten dafür stimmten. Sie wissen es eben besser als wir, diese genialen Rebellen.“
Brendan O'Neill
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LA REPUBBLICA (IT)

Johnson kann nur verlieren

Durch die Neuwahl könnte sich die Amtszeit Boris Johnsons erheblich verkürzen, spottet La Repubblica:
„Er würde als der Premier mit der kürzesten Amtszeit in die britische Geschichte eingehen. Natürlich ist er überzeugt, dass er gewinnen wird, um dann seinen Brexit durchzuführen. Aber auch in diesem Fall würde er als letzter Premier Großbritanniens und erster von Klein-England in Erinnerung bleiben. Jenes Klein-Englands, das nach der Sezession Nordirlands und Schottlands übrig bleiben würde. Denn Iren und Schotten haben mit großer Mehrheit 2016 gegen den Brexit gestimmt und sind sicherlich nicht bereit, nun einen harten Brexit zu akzeptieren.“
Enrico Franceschini
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DIE PRESSE (AT)

Opposition geeint, Regierungspartei gespalten

Johnson hat das scheinbar Unmögliche geschafft, die Opposition zu einen und die eigene Partei zu spalten, beobachtet Die Presse:
„Erstmals steht die Opposition geschlossen zusammen, um den Crashkurs eines No-Deal-Brexit in letzter Sekunde zu verhindern. Und erstmals zeigen sich die Kräfte der Besonnenheit und Vernunft auch nicht blauäugig und einfältig. Johnsons Bulldozertaktik hat selbst den naivsten Politikern die Augen weit geöffnet. Der Mann, der 2016 den Brexit mit den Worten forderte, das Parlament müsse wieder höchste Instanz im Land sein, schickt die Abgeordneten in den Zwangsurlaub. Der Mann, der Großbritannien als Mutterland der Demokratie nie müde wird zu preisen, droht Gegnern mit brutaler Säuberung. Zugleich hat er es damit geschafft, die Spaltung seiner eigenen Konservativen noch zu vertiefen.“
Gabriel Rath
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Brexit-Machtkampf: Aufstand gegen Premier Johnson
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Ist Italien nun in guten Händen?
Bei einer Online-Abstimmung hat die Mehrheit der Cinque-Stelle-Mitglieder für eine Koalition mit den Sozialdemokraten gestimmt. Damit kann der designierte Premier Conte sein Kabinett von Staatschef Mattarella absegnen lassen. Das Bündnis aus Cinque Stelle und der rechtsextremen Lega war im August zerbrochen. Noch immer ist die Presse skeptisch, ob die neue Regierung Bestand hat.
TAGES-ANZEIGER (CH)

Abstimmung dubios, Ergebnis passt

Die italienische Politik lag in der Hand des Movimento Cinque Stelle und ihres dubiosen Abstimmungssystems "Rousseau", erklärt der Tages-Anzeiger:
„Auf dem Server von Rousseau sind 115.000 User eingeschrieben. Wer sie sind, weiss ausser der Partei und der Firma niemand. Sie hielten nun aber das ganze Land einen Tag lang in Atem - und sagten schliesslich Ja zu einer Koalition aus Cinque Stelle und den Sozialdemokraten. Mit 79 Prozent. Immerhin. Damit deckt sich das dubiose Prozedere mit dem Prozess der letzten Wochen, dem verfassungsmässigen Ablauf einer Regierungsfindung in einer parlamentarischen Demokratie. Giuseppe Conte sollte nun sein Kabinett bilden können. Hätte das pannenanfällige, intransparente, oft gehackte System Rousseau ihn gestoppt, wäre das eine mittlere Katastrophe gewesen - eine Verspottung des Parlaments, der Republik, der Demokratie.“
Oliver Meiler
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DE VOLKSKRANT (NL)

Das wird nicht lange gut gehen

Viele Pläne der neuen Koalition könnten auf der Strecke bleiben, fürchtet De Volkskrant:
„Die meisten Pläne der Regierung Conte-I wurden nicht umgesetzt, weil die Koalition schon nach 14 Monaten platzte. Und auch über die Stabilität von Conte-II gibt es von vornherein Zweifel. Mitglieder des Movimento Cinque Stelle und der PD waren nicht nur bis vor kurzem noch Erzfeinde, auch während der Koalitionsverhandlungen ging es heiß her. Noch in der vergangenen Woche drohte Di Maio mit dem Aus, sollte er kein Vizepremier werden. Die Drohung zog er erst zurück, als er von Parteigründer Beppe Grillo öffentlich zurechtgewiesen wurde.“
Jarl van der Ploeg
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Ist Italien nun in guten Händen?
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Tut Frankreich genug gegen Femizide?
In Frankreich sind seit Jahresbeginn 101 Frauen von ihren Partnern oder Expartnern getötet worden. Die Regierung will nun aktiv werden und bis Ende November gemeinsam mit Frauenorganisationen und Präventionseinrichtungen konkrete Maßnahmen zur Eindämmung von Frauenmorden erarbeiten. Sie hat dafür eine Million Euro zur Verfügung gestellt. Kommentatoren reicht das nicht aus.
LIBÉRATION (FR)

Rettung von Frauen ist teuer

Der Staat muss auch finanziell zeigen, dass ihm die Bekämpfung von Gewalt ggen Frauen wichtig ist, drängt Libération:
„Jetzt muss Geld aufgebracht werden, um Hilfseinrichtungen, Behörden und Vereinen konkrete Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie den Frauen Hilfe bieten können, die von einem Mann in seiner Pseudoallmacht geschlagen, missbraucht und verängstigt werden. Die Hilferufe verhallen viel zu oft in Gleichgültigkeit. Der Bedarf ist enorm. Es fehlt an Aufnahmeeinrichtungen für Frauen, die Todesdrohungen erhalten haben. Polizisten als erste Kontaktpersonen, die allzu oft unwissend, manchmal gleichgültig oder einfach überlastet sind, müssen geschult werden. Männer müssen geschult werden, seien sie Söhne, Brüder, Onkel oder Väter. Ohne sie wird sich nichts ändern.“
Alexandra Schwartzbrod
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