"Ich finde, das Sich-gegenseitig-Kennenlernen ist eigentlich das Wichtigste. Unsere Politik sorgt derzeit dafür, dass die Russen nicht mehr hierherkommen können. Kein Russe kann jetzt einfach so in Urlaub nach Deutschland fahren. Es braucht lange Begründungen, warum er kommen will. Das heißt, wir sperren sie aus, aber sie sperren uns nicht aus. Deutsch-russische Begegnungsstätten wie das Russische Haus in Berlin werden in ihrer Arbeit extrem behindert und eingeschränkt, und viele Deutsche wagen sich nicht mehr hin, weil sie Angst haben, dort gesehen und in Konflikte gestürzt zu werden. [...]
Freundschaft zu schließen ist das Wichtigste, was man machen kann. Es wäre auch sehr wichtig, mit Ukrainern genauso Freundschaft zu schließen und auch dort zu gucken, wo die Brücken sind. Auch das ukrainische Volk würde sich darüber freuen. Das Problem ist nur, dass die ukrainische Politik sagt: entweder oder. Kein Russe sagt: Du warst schon mal in der Ukraine, dann kommst du hier nicht rein. Aber umgekehrt ist es leider so. Deshalb ist es zum Beispiel Leuten wie mir nicht möglich, in die Ukraine zu fahren und gucken zu helfen, wo da die Möglichkeiten wären, in den Frieden zurückzufinden.
Ich sage es auch immer auf der Bühne, bei jedem Konzert: Unsere Hauptaufgabe in den nächsten Jahren wird darin bestehen, neu zu lernen, wie man Frieden schließt. Seit Corona haben wir dieses Problem, dass wir nicht mehr wissen, wie das geht. Wir stigmatisieren, wir grenzen aus, wir verabscheuen und beschimpfen. Wir müssen wieder lernen, Frieden zu schließen – im Kleinen hierzulande, sogar in den Familien, wie im Großen über die Ländergrenzen hinweg. Kulturvolles Miteinander und Diplomatie müssen und dürfen auch in Deutschland keine Fremdwörter bleiben."
(Tino Eisbrenner auf den Nachdenkseiten, 14.6.23)
Gegenwärtig rächt es sich, dass die Fähigkeit, mit dem ideologischen Gegner Gemeinsamkeiten zu suchen, weitgehend verloren gegangen ist, die in den 60er und 70er Jahren mit dem "Wandel durch Annäherung" gegenüber der Sowjetunion und in den 70er mit der Ping-Pong-Diplomatie gegenüber China einsetzten und dann ab 1985 zur Beendigung des Kalten Krieges führten.
Das hat sich in der Pandemie gerächt und gefährdet die notwendigen Reaktionen auf den Klimawandel.
Internationale Zusammenarbeit, die mit der Globalisierung hätte zusammengehen müssen, ist gegenseitiger Abschottung gewichen. Doch wenigstens beim Klimaaktivismus ist sie seit 2018 sprunghaft angewachsen.
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