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Verworrene Vorkommnisse in Russland: Statt wie bislang mit den russischen Truppen Krieg gegen die Ukraine zu führen, befahl Wagner-Chef Prigoschin seinen Kämpfern am Wochenende einen Marsch auf Moskau. Putin sprach zunächst von Verrat und Bestrafung. Stunden später wurde der Vormarsch abgebrochen. Prigoschin soll straffrei bleiben. Kommentatoren versuchen eine Einordnung. |
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| Götterdämmerung im KremlOppositionspolitiker Lew Schlosberg sieht in einem von Echo übernommenen Telegram-Post Putins Allmacht demontiert: „Ein enormer Teil der Gesellschaft verfolgte das Geschehen nicht mit Entsetzen, sondern mit Neugierde: 'Schau einer an, man kann Putin stürzen. Was solls, wir haben unter Putin gelebt, dann leben wir halt unter Prigoschin.' Das ist nicht nur politischer Infantilismus, sondern auch tiefe Gleichgültigkeit gegenüber Putins Schicksal. ... Putin war ein Bewohner des Olymps, ein Göttlicher, der keine Fehler machen, nicht verlieren und nicht schwach sein konnte. All dies ist am 24. Juni 2023 kollabiert. ... Der Mythos Putin zerbröckelt vor unseren Augen, und das ist die größte Bedrohung seiner Macht. Ein Koloss kann nur eisern sein. Auf tönernen Füßen hält er sich nicht.“
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| Niemand steht als Gewinner daBei diesem Machtduell haben beide verloren, meint Militärexperte Olexandr Kowalenko auf seiner Facebook-Seite: „Das war ein Meilenstein in der Geschichte des Zerfalls der russischen Staatlichkeit. Und diesen hat ein feiger Ex-Sträfling gesetzt. ... Normalerweise blamiert sich in einer solchen Situation einer der Konfliktpartner, in der Regel der Verlierer. Aber in diesem Fall haben sich beide blamiert. Putin, ein vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchter Kriegsverbrecher, hat seine Schwäche, seine geringe Bedeutung, seine Angst und seinen Kontrollverlust gezeigt. Jeder hat gesehen, dass Putin nicht in der Lage ist, die Situation im Lande zu kontrollieren.“
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| Hoffentlich der Anfang vom Ende PutinsDer Wagner-Aufstand könnte eine Zeitenwende für Russland markieren, meint Politiken: „Auch wenn es ihm gelungen ist, Prigoschin zurückzudrängen, hat Putin in diesen Tagen eine entscheidende Niederlage erlitten. Denn der Wagner-Aufstand zeigt nicht nur, dass Putin die eigenen Truppen nicht unter Kontrolle hat. Er ist auch eine Folge dessen, dass sich die Ukraine und das westliche Militärgerät Russland gegenüber als überlegen erwiesen haben. ... Man erinnere sich, dass der Erste Weltkrieg zum Sturz des Zaren führte, dass die Invasion in Afghanistan der Anfang vom Ende der Sowjetunion war. Möge sich die Welt eines Tages daran erinnern, dass der Ukraine-Krieg Putin zu Fall brachte.“
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| Mussolini lässt grüßenLa Repubblica zieht einen Vergleich mit dem Marsch auf Rom im Jahr 1922: „Der Duce verzögerte ihn de facto drei Tage lang, weil seine Drohung ausreichte, um den König dazu zu bringen, ihn an die Spitze der Regierung zu berufen. ... Es genügte, diesen umstürzlerischen Marsch zu starten, um den Staat dazu zu bringen, die Macht abzugeben. ... In diesen beiden Fällen - die sich stark voneinander unterscheiden - haben wir es weniger mit einem Staatsstreich zu tun als mit seiner beeindruckenden Zurschaustellung. Wir haben es also mit einer politischen Nutzung des Aufstands zu tun, der als heroischer und dramatischer Rahmen für den Kampf um das Kommando inszeniert wird.“
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| Kyjiw kann jetzt Zweifler überzeugenDie Ukrainer gehen aus dem Vorfall in mehrerlei Hinsicht gestärkt hervor, erklärt Financial Times: „Sie könnten sich nun entscheiden, Reservetruppen für die Gegenoffensive einzusetzen. Außerdem erhalten sie zusätzliche Argumente für ihre Sache, die sie ihren Freunden im Westen beim Nato-Gipfel im kommenden Monat vorlegen können. Jene Verbündeten, die stillschweigend angedeutet hatten, dass Russland nicht besiegt werden könne und dass die Ukraine mit Putin verhandeln solle, werden vorerst schweigen. Im Gegensatz dazu werden Putins internationale Unterstützer ihre eigene Haltung grundlegend hinterfragen und jetzt aktiv über Post-Putin-Szenarien für Russland nachdenken.“
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| Putin kämpft in der Ukraine um sein ÜberlebenDer Krieg gegen die Ukraine bekommt für Putin jetzt noch einen höheren Stellenwert, so der Politikanalyst Ioan Stanomir auf Contributors: „Das Putin-Regime, so verfallen und verkommen es auch sein mag, verfügt über ein militärisches Monopol, das jetzt gefestigt wird. Die Privatarmeen werden schließlich in der Staatsarmee aufgehen. Und der Krieg in der Ukraine ist nach wie vor die Daseinsberechtigung für den Putinismus: Ein Scheitern in der Ukraine wäre die Inschrift auf dem Grabstein des Diktators. Trotz Verlusten und Zermürbung scheint Putins Russland gewillt zu sein, den Krieg fortzusetzen. Russland kann keine andere Form akzeptieren als ein Imperium zu sein. Putins russisches Imperium kämpft an der ukrainischen Front um sein Überleben.“
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| Europa muss sich vorbereitenMilitärhistoriker Cédric Mas ruft in Le Monde dazu auf, sich auf einen Zusammenbruch Russlands vorzubereiten: „Ein Zusammenbruch von Putins Regime, der das Land in Bürgerkrieg und Chaos stürzen würde, wäre eine große Bedrohung für die Sicherheit Europas und der Welt. Allerdings sind die Regeln des Völkerrechts nicht an eine solche Krise angepasst. ... Daher ist es wichtig, über einen rechtlichen Rahmen und über praktische Mittel nachzudenken, die einen Notfall- und Schutzeingriff einer Truppe unter Uno-Schirmherrschaft ermöglichen würde, um zivile und militärische Atomstandorte in einem zusammengebrochenen Staat zu sichern. … Die gestrigen Ereignisse bieten uns die Chance, uns auf das Schlimmste vorzubereiten, um das Schlimmste zu verhindern. … Es liegt an uns, diese Chance zu ergreifen.“
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| Selbst gezüchteter Feind im LandStaaten, die auf militärische Organisationen außerhalb der offiziellen Streitkräfte setzen, gehen ein großes Risiko ein, beobachtet Milliyet: „Sie haben die allmählich wachsende Popularität dieser Unternehmen bei der Öffentlichkeit im eigenen Land nicht berücksichtigt. Damit ist ein ganz neues Problem entstanden. Wenn sie einmal gefestigt sind, knüpfen diese Organisationen Beziehungen zu verschiedenen Machtzentren, Geschäftsleuten und Oligarchen im Land und beginnen, sich im Rahmen ihrer Macht in die Politik des Landes einzumischen. Eine ähnliche Situation ereignete sich vor einigen Monaten im Sudan.“
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