Donnerstag, 25. November 2021

euro|topics: Was Europa vom Ampel-Koalitionsvertrag hält

 

In Deutschland hat die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Er beinhaltet unter anderem die Erhöhung des Mindestlohns und die Beschleunigung des Kohleausstiegs. Außerdem soll die gesetzliche Rente künftig auch über den Kapitalmarkt finanziert werden. Europas Presse erörtert, was von der neuen Regierung zu erwarten ist.

OUEST-FRANCE (FR)

Neues Gleichgewicht

Ouest-France sieht den neuen Koalitionsvertrag als gute Basis für die europäische Zusammenarbeit:

„Was Europafragen betrifft, wird der am Mittwoch veröffentlichte Koalitionsvertrag das Lager von Emmanuel Macron zufriedenstellen, da die neue Koalition einige französische Ideen teilt. Transnationale Listen bei den Europawahlen, ein Initiativrecht des Europäischen Parlaments, Reformen auf Grundlage der Konferenz zur Zukunft Europas, Achtung der Rechtsstaatlichkeit. Die neue Regierung ist bereit, Vertragsänderungen vorzunehmen und die strategische Souveränität Europas voranzubringen. Die Vorbehalte der CDU gegenüber vielen dieser Themen scheinen überwunden zu sein - zumindest auf dem Papier.“

Laurent Marchand
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EL MUNDO (ES)

Kommt wieder diese orthodoxe Sparpolitik?

El Mundo macht Christian Lindner als Finanzminister Sorgen:

„Die deutsche Politik zeichnet sich seit langem durch einen Pragmatismus aus, der es ihr nicht nur ermöglicht, solide Koalitionen zwischen Parteien aus sehr unterschiedlichen Spektren zu schmieden, sondern auch ihre Regierungen mit außergewöhnlicher Stabilität und Effizienz auszustatten. ... Der Schlüssel dazu ist das Finanzministerium, das der Vorsitzende der Liberalen, Christian Lindner, übernehmen wird. Dies ist eine Botschaft an die EU-27 als Ganzes: Es ist an der Zeit, über eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Orthodoxie nachzudenken. Im [spanischen Regierungssitz] Moncloa gibt es Grund zur Sorge.“

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THE SPECTATOR (GB)

Auf die Kriechspur verbannt

Die neue Regierung wird Deutschland nicht die Wirtschaftsreformen bringen, die das Land so dringend braucht, fürchtet The Spectator:

„Wir sind an das Klischee gewöhnt, dass Deutschland führende Kraft der Eurozone mit der mächtigsten Wirtschaft sei. ... Und doch ist diese Ansicht zunehmend veraltet. Deutschland droht, zur schwächsten der großen Volkswirtschaften des Blocks zu werden. Dabei wird sich die Macht unweigerlich von Berlin nach Paris und Rom verlagern. Früher oder später werden die Deutschen einen Kanzler wählen, der die Wirtschaft reformiert und wieder in Gang bringt. Olaf Scholz wird das nicht sein - und auch nicht die zänkische Koalition, die er vorgestellt hat. Sie wird das Land auf die Kriechspur verbannen.“

Matthew Lynn
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LA REPUBBLICA (IT)

Historische Schuld hinter sich lassen

Berlin muss vor allem geopolitisch mehr Farbe bekennen, fordert La Repubblica:

„Es sollte die Aufgabe Deutschlands sein, über die Schattenlinie der historischen Schuld zu springen, indem es ein halbes Jahrhundert 'unantastbaren' Pazifismus zu den Akten legt. Und die Führung eines Europas übernimmt, das seine Aufgabe in einer Welt neu definieren muss, die sich von der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg völlig unterscheidet. … Vor allem kann sich die künftige deutsche Regierung nicht darauf beschränken, als unflexibler Hüter der europäischen Verträge im Namen der Wirtschaft aufzutreten, wenn doch das Schicksal Europas heute unwiderruflich vom Primat der Geopolitik abzuhängen scheint.“

Angelo Bolaffi
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JUTARNJI LIST (HR)

Durch Krisen beschleunigt

Jutarnji list begrüßt die schnellen Verhandlungen und erinnert an die verschiedenen Probleme, mit denen sich Europa konfrontiert sieht:

„Die Krise des Gesundheitswesens tobt durch Europa und droht mit einem neuen Schlag gegen die Wirtschaft. Eine geschäftsführende Regierung hat da nur begrenzte Befugnisse. Der Winter klopft an die Tür und die Energie-Lage in Europa ist bedroht. ... Wladimir Putin rasselt mit den Waffen an der ukrainischen Grenze und spielt Psychokrieg mit den USA, während Europa beobachtet und nicht weiss, was tun. ... Paris und Rom wollen die Schuldengrenze auf 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anheben. Und die deutsche Ampel-Koalition einigte sich, Verschuldung auf lokalem Niveau zu stoppen. Es gibt keine Zeit zu verlieren.“

Željko Trkanjec
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