Otto
von Bismarck 1815-1898
(Wikipedia)
Die Texte sind zum Teil diktiert, dann in moderner Orthographie
Kniephof,
7.4.1834
"[...]
mein Zeugnis ist, wie mir mein Bruder schreibt, endlich angekommen,
aber ich fürchte, zu spät, da die Universitätsbehörden schon seit
Weihnachten nichts mehr von mir wissen wollten; ich werde daher wohl
das per Bote völlige der ausfertigen ausschlagen, mich einige Jahre
mit der Rekurs Rekruten interessierenden Fuchtel Klingel amüsieren,
dann ein Weib nehmen, Kinder zeugen, das Land bauen und die Sitten
meiner Bauern durch unmäßige Branntweinfabrikation untergraben.
Wenn du also in zehn Jahren in die hiesige Gegend kommen solltest, so
biete ich dir an, adultorium mit einer jungen mulier
facilis et formosa zu treiben, so viel Kartoffelschnaps zu
trinken, als du willst und auf der Hetzjagd den Hals zu brechen, so
oft es dir gut scheint. Du wirst hier einen Fett gemästeten
Landwehroffizier finden, einen Schnurrbart, der schwört und flucht,
dass die Erde zittert, einen gerechten Abscheu vor Juden und
Franzosen hegt und Hunde und Bedienstete auf das brutalste prügelt,
wenn er von seiner Frau tyrannisiert worden. Ich werde lederne Hosen
tragen, mich zum Wollmarkt in Stettin auslachen lassen, und wenn man
mich an Baron nennt, werde ich mir gutmütig den Schnurrbart
streichen, und um zwei Taler wohlfeiler verkaufen; zu Königs
Geburtstag werde ich mich besaufen, und vivat schreien, übrigens
mich häufig anreißen und mein drittes Wort wird sein: Auf Aehre!
superbes Pferd! Kurz, ich werde glücklich sein im ländlichen Kreise
meiner Familie [...]"
(Bismarck:
Werke in Auswahl Erster Band, Seite 7/8)
Schönhausen
4.5.1836
"[...] Du würdest über mich lachen, wenn Du jetzt bei mir wärest. Seit vollen 4 Wochen sitze ich hier in einem alten verwünschten Schlosse, mit Spitzbogen und 4 Fuß dicken Mauern, einigen 30 Zimmern, wovon 2 meublirt, prächtigen Damasttapeten, deren Farbe an wenigen Fetzen noch zu erkennen ist, Ratten in Masse, Camine, in denen der Wind heult, kurz, in „meiner Väter altem Schloß“, wo sich alles vereint, was geeignet ist, einen tüchtigen Spleen zu unterhalten. Daneben eine prächtige alte Kirche, mein Schlafzimmer mit der Aussicht nach dem Kirchhof, auf der andern Seite einer jener alten Gärten mit geschnittenen Hecken von Taxus und prächtigen alten Linden. Die einzige lebende Seele in dieser verfallenen Umgebung ist Dein Freund,der hier von einer vertrockneten Haushälterin, der Spielgefährtin und Wärterin meines 65jährigen Vaters, gefüttert und gepflegt wird. Ich bereite mich zum Examen vor, höre die Nachtigallen, schieße nach der Scheibe, lese Voltaire und Spinozas ethicum, die ich in der hiesigen, an Schweinsledern ziemlich reichen Bibliothek gefunden. Die Berliner meinen, ich wäre verrückt, und die Bauern sagen: „Use arme junge Hehr, wat mak em wul sin“, wie mir meine alte „Mamsell“ mitgetheilt hat. Dabei bin ich nie so zufrieden gewesen wie hier; ich schlafe nur 6 Stunden und finde große Freude am Studiren, zwei Dinge, die ich lange Zeit für unmöglich hielt. Ich glaube, der Grund oder besser die Ursache von alledem ist der Umstand, daß ich den Winter über heftig verliebt war; ein recht befremdliches factum, eine Thorheit, der ich mich nicht in so hohem Grade für fähig gehalten hätte, (verzeih, eben fällt mir ein, daß Du versprochen bist –) aber es ist mir doch fatal, wie ich mich so aus meiner philosophischen Ruhe und Ironie habe bringen lassen; das Beste dabei ist aber, daß ich bei meinen Bekannten beiderlei Geschlechts immer für den kaltblütigsten Weiberverächter gelte; so täuschen sich die Leute! Sie selbst hält mich, glaube ich, für einen von den wenigen, auf die sie keinen Eindruck gemacht hat. Schließe aus dieser Redensart nicht etwa, daß ich noch verliebt bin, denn daß sie schön ist, kann ihr ein jeder sagen, ohne ihr zu schmeicheln. Du wirst sie vielleicht sehen, es ist meine Cousine, jetzt versprochen mit dem 2ten Sohn des Hh. v. M. in Hannover. Aha! wirst Du sagen – unglückliche Liebe – Einsamkeit – Melancholie – etc. Der Zusammenhang ist möglich, doch bin ich jetzt schon wieder unbefangen und analysire nach Spinozistischen Grundsätzen die Ursachen der Liebe, um es künftig mit mehr Kaltblütigkeit zu treiben. Eben „heult die Thurmuhr Mitternacht“, also schlaf wohl und erzähle mir in Deiner Antwort so viel von Dir, wie ich Dir eben von mir, 2 Themata, welche mich ganz absonderlich interessiren. [...]"
Kniephof
bei Naugard 9.1.1845
"Bis
Aachen kennst Du, glaube ich, meine Schicksale. Dort eröffneten sich
mir durch das Wohlwollen einflußreicher Leute in Berlin sehr
günstige Aussichten für das, was man eine glänzende Carrière
nennt; und vielleicht hätte der Ehrgeiz, der damals mein Lotse war,
noch länger und für immer mein Steuer geführt, wenn nicht eine
bildschöne Engländerin mich verleitet hätte, den Cours zu ändern,
und 6 Monate ohne den geringsten Urlaub auf ausländischen
Meeren in ihrem Kielwasser zu fahren. Ich nöthigte sie endlich zum
Beilegen, sie strich die Flagge, doch nach zweimonatlichem Besitz
ward mir die Prise von einem einarmigen Obristen mit 50 Jahren, 4
Pferden und 15 000 rl. Revenüen wieder abgejagt. Arm im Beutel,
krank am Herzen, kehrte ich nach Pommern heim. Bei dieser Gelegenheit
(1837) kam ich durch Göttingen; da ich aber dergestalt Havarie
gelitten hatte, daß ich mich von einer schwerfälligen und
verdrieslichen Gallione mußte schleppen lassen, so war ich nicht
hinreichend Herr meiner Bewegungen, um mit Dir zusammen treffen zu
können. Ich trat darauf bei der Regierung in Potsdam in Dienst,
suchte mich durch Spiel und Trunk zu zerstreuen, machte
unverhältnismäßige Schulden, wurde Militär, um meiner
Dienstpflicht zu genügen, gerieth in üble Zwiste mit meinem Chef,
und ergriff unter diesen Umständen mit Begierde und mit der frohen
Hoffnung, die ein Ausweg aus einer ruinirten Stellung in neue
Verhältnisse gewährt, das Anerbieten meines Vaters, seine hiesigen
Güter zu übernehmen, die groß, stark verschuldet und so
verwirthschaftet waren, daß sie fraßen, statt einzubringen. Ich
hielt mich noch 6 Monat in Greifswald auf, um auf der
landwirthschaftlichen Akademie in Eldena nichts zu lernen, als was
ich in jedem Buche lesen konnte, und setzte mich dann mit der vollen
Unwissenheit eines schriftgelehrten Stadtkindes in eine sehr
ausgedehnte und verwickelte Wirthschaft. Ich fand mich hinein,
rettete den größten Theil meines zu erwartenden Vermögens, und die
Beschäftigung gefiel mir zwei Jahre lang bis 41, wegen ihrer
Unabhängigkeit; ich habe nie Vorgesetzte vertragen können, und
hatte während meiner amtlichen Thätigkeit, theils aus gerechter
Abneigung gegen unser verknöchertes Formenwesen, das in keinem
Posten die mindeste Aussicht auf Selbstständigkeit bietet, theils in
der letzten Zeit aus Trägheit und Widerspruchsgeist, einen solchen
Widerwillen gegen alles, was mit der Bureaukratie zusammenhängt,
eingesogen, daß ich sogar den angenehmen Posten eines Landraths
ausschlug, der mir durch Wahl der hiesigen Stände geboten wurde, und
den infolgedessen mein Bruder eingenommen hat. Ich sprach von 2
Jahren; nach dieser Zeit verliebte und verlobte ich mich abermals,
erzürnte mich 14 Tage nachher mit der Mutter meiner Braut,
einer Frau, die, um ihr Gerechtigkeit zu thun, eine der bösesten
ist, die ich kenne, und die das Bedürfnis hat, noch selbst der
Gegenstand zärtlicher Blicke zu sein. Nach fast jahrelangen
Intriguen gelang es ihr meiner Braut einen höchst lakonischen
Absagebrief an mich in die Feder zu geben. Ich hielt es meiner Würde
nicht angemessen, die beleidigte Aufgeregtheit eines Gemüths zu
zeigen, und ihr mit einigen Schüssen auf Brüder und dergl. der
Ungetreuen Luft zu machen; ich trat in meiner Eigenschaft als
Landwehroffizier auf einige Monate zur Dienstleistung in ein
Ulanenregiment, focht tapfer gegen Staub und markirte Feinde, und da
ich auch im Drange dieser Thaten meine Ruhe nicht fand, brauchte ich
das Universalmittel für Verliebte, ich ging auf Reisen und wurde
wieder liederlich. Von Edinburg durch England und Frankreich
trug ich meinen Kummer über die Alpen, und war im Begriff über
Triest nach dem Orient zu gehen, eventualiter die Afghanen durch die
Lupe zu besehen, wozu ich mit Empfehlungen ausgerüstet war, als mir
mein Vater in einem thränenfeuchten Brief, der von einsamem Alter,
[73 Jahr, Witwer, taub] Sterben und Wiedersehn sprach, die Heimkehr
anbefahl. Ich kam zurück – er starb nicht – und ich suchte in
diesem Sommer einem Leiden durch Dieffenbach und Norderney
abzuhelfen. Vorher, im Frühjahr, machte ich einen sechswöchentlichen
Versuch, eine andere Krankheit, eine an Lebensüberdruß grenzende
Gelangweiltheit durch alles, was mich umgiebt, zu heilen, indem ich
mich durch besondere Vergünstigung eines unserer Minister als
Voluntär wieder im Staatsdienst beschäftigen ließ, und die
angestrengte Arbeit in der insipiden und leeres Stroh dreschenden
Schreiberei unserer Verwaltung, als eine Art von geistigem Holzhauen
betrachtete, um meinem theilnahmslos erschlafften Geist wieder etwas
von dem gesunden Zustande zu geben, den einförmige und regelmäßige
Thätigkeit für den Körper herbeizuführen pflegt. Aber theils war
mir die krähwinklige Anmaßung oder lächerliche Herablassung der
Vorgesetzten nach langer Entwöhnung noch fataler, als sonst, theils
nöthigten mich häusliche Vorfälle, Unordnungen in meiner
Verwaltung, Verlust meines bisherigen Administrators u.s.w. nach
meiner Rückkehr von Norderney, die Verwaltung meiner Güter wieder
selbst zu übernehmen. Seitdem sitze ich hier, unverheirathet, sehr
einsam, 29 Jahre alt, körperlich wieder gesund, aber geistig
ziemlich unempfänglich, treibe meine Geschäfte mit Pünktlichkeit,
aber ohne besondere Theilnahme, suche meinen Untergebenen das Leben
in ihrer Art behaglich zu machen und sehe ohne Ärger an, wie sie
mich dafür betrügen."
dazu die Wikipedia:
"Vom
Büroalltag eines Regierungsreferendars im
mondänen Kurort Aachen bald
gelangweilt, verliebte er sich im August 1836 in Laura Russell, eine
Nichte des Herzogs
von Cumberland.
Nach der Affaire mit einer (älteren) Französin reiste er im Sommer
1837 mit einer (jüngeren) Engländerin, einer Freundin Laura
Russels, durch Deutschland. Dadurch kam es zu einer mehrwöchigen
Überschreitung eines vierzehntägigen Urlaubs, durch die er sein
Referendariat verlor.
Bismarck
haderte mit Auslagen für Frauen und machte zusätzlich durch den
Besuch von Spielkasinos Schulden. Seinen Dienstgeschäften blieb er
monatelang fern. Er versuchte später, seine Referendarausbildung
in Potsdam fortzusetzen,
kehrte dem Verwaltungsdienst aber nach einigen Monaten den Rücken.
Er erklärte diesen Schritt rückblickend damit, dass er kein bloßes
Rädchen im Getriebe der Bürokratie sein wollte: „Ich will aber
Musik machen, wie ich sie für gut erkenne, oder gar keine.“[13]
1838
leistete Bismarck als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst
ab, zunächst beim Garde-Jäger-Bataillon. Im Herbst wechselte er zum
Jäger-Bataillon Nr. 2 nach Greifswald in Vorpommern, wo er sich an
der Königlichen Staats- und landwirtschaftlichen Akademie Eldena
auch auf die Führung der Familienbetriebe vorbereitete.
Bismarck
bezog nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1839 das hinterpommersche
Gut Kniephof und
wurde Landwirt. Gemeinsam mit dem um fünf Jahre älteren
Bruder Bernhard bewirtschaftete
er die väterlichen Güter Kniephof, Külz und Jarchlin im Kreis
Naugard.
Nachdem Bernhard von Bismarck 1841 zum Landrat gewählt worden war,
kam es zu einer vorläufigen Teilung."
an Gustav
Scharlach
Schönhausen
bei Jerichow an der Elbe. 4. July 1850
"[...]
Du würdest Mitleid mit mir haben, wenn Du wüßtest, wie faul ich
bin, und ich behaupte, daß dies der Grundzug des Preußischen
National-Charakters ist; wir thun nur, was wir müssen; deshalb
liefern wir recht gute Subaltern-Offiziere und Soldaten,
mit der Generalität ist es schon schwach, und kommt mein Landsmann
aus dem regelrechten Zwange, sei es nun des bunten Rocks oder der
festen Bureau-Stunden in die Unabhängigkeit des Privatlebens, als
Gutsbesitzer, Bauer, Rennthier, so geräth er, geistig noch mehr als
körperlich, in eine stagnirende Trägheit, bis ihn das große
offizielle Räderwerk „im Namen des Kehnigs“ wieder bei irgend
einem Rockzipfel erfaßt. In dieser nationalen Faulheit allein lag
die Möglichkeit, daß sie uns im März 48 durch „Mißverständnisse“,
durch einfachen Misbrauch des Königlichen Namens, eine Revolution
octroyirten, mit der im Grunde nicht 10 000 Menschen im
Königreich, von den Polen abstrahirt, einverstanden waren, und der
man erst Sympathien schuf, indem man den Bauern und Arbeitern
goldene Berge versprach. Auf diesen großen Nationalfehler beziehe
ich mich zur Entschuldigung meiner persönlichen Faulheit; ich bin zu
sehr schwarz-weiß, um eine Ausnahme zu machen und äußert sich bei
mir diese Epidemie in einer krankhaften Furcht vor meinem eigenen
Tintfaß; nur wenn es vollständig ausgetrocknet ist, fühle ich mich
wohl in seiner Nähe. Ich freute mich so herzlich über Deinen Brief,
sowohl, daß Du mir überhaupt einmal wieder schreibst, wie über den
Inhalt und die Gleichheit unserer Ansichten, daß meine Frau gleich
damals sagte, nun antworte aber auch, und mache es nicht wie mit
allen Andern; seitdem hat sie oft gefragt: hast du schon an Scharlach
geschrieben? Aber in meiner Mappe liegen links „lettres
à répondre“ soviel,
daß ich sie gar nicht mehr hineinstecke, und rechts „lettres
répondues“ ist
ganz leer, mir graut vor dieser Mappe; indessen endlich schreibe ich
doch wirklich, und will Dir ungefähr sagen, wie und wo. Wenn ich
durch den aus meiner linken Hand aufsteigenden Cigarrenrauch zum
Fenster hinaussehe, so blicke ich gerade nach Norden, rechts und
links erst alte Linden, dann ein altfränkischer Garten, mit
geschnittenen Hecken, Göttern aus Sandstein, Buchsbaum, Franzobst,
dahinter eine Wüste von Maizfeldern (leider nicht meine) und etwa
eine Meile von mir, auf dem jenseitigen hohen Elbufer das Städchen
Arenburg, das Du auf jeder Karte der Altmark finden wirst; aus den
Fenstern des südl. Giebels würde ich in ähnlicher Lage die Thürme
von Tangermünde sehn, nach Westen im Nebel den Dom von
Stendal. [...]"
Zum weiteren Briefwechsel mit Scharlach sieh:
Vom
jungen Bismarck - Briefwechsel Otto von Bismarcks mit Gustav
Scharlach,
Alexander Duncker Verlag, Weimar 1912
Als Bismarck 1860 sein außenpolitisches Programm für Preußen darlegte, meinte er, man dürfe sich nicht wie ein Huhn durch einen Kreidestrich fesseln lassen und darauf verzichten, Österreich mit dem Krieg zu drohen:
"[...] Die österreichische Politik uns gegenüber sei aber nach 1856 ebenso anspruchsvoll geblieben, wie zu der Zeit, wo der Kaiser Nicolaus für sie gegen uns einstand. Wir hätten uns der österreichischen Illusion, so lange Manteuffel und Schleinitz die Geschäfte führten, in einer Weise unterworfen, welche an das Experiment erinnerte, ein Huhn durch einen Kreidestrich zu fesseln. Die österreichische Zuversicht, ein geschickter Gebrauch der Presse und ein großer Reichthum an geheimen Fonds ermögliche dem Grafen Buol die Aufrechthaltung der österreichischen Phantasmagorie und das Ignoriren der starken Stellung, in welcher Preußen sich befinden werde, so bald es bereit sei, den Zauber des Kreidestrichs zu brechen. Worauf sich die Erwähnung der österreichischen geheimen Fonds bezog, war dem Regenten bekannt.[...]"
(Bismarck: Gedanken
und Erinnerungen, 1. Buch 11. Kapitel)
Bismarck: "[...] nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen – sondern durch Eisen und Blut."
(Rede am 30. September 1862 vor der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses während des preußischen Verfassungskonflikts. Wikiquote)
"Das lernt sich in diesem Gewerbe recht, daß man so klug sein kann wie die Klugen dieser Welt und doch jederzeit in die nächste Minute geht wie ein Kind ins Dunkle." (an seine Frau 20.7.64 aus Karlsbad)
"[...] gestern früh aus Carlsbad gefahren, zu Wagen bis Prag, von dort heut den dir bekannten Eisenstrang hierher" (an seine Frau 22.7.64 aus Wien)
An seinen Bruder beginnt er einen Geburtstagsbrief mit Bleistift, weil er noch keine Feder hat. Dann wird ihm eine gebracht. Er schließt:
"Ich bin so schläfrig, daß ich kaum das Tintenfaß noch finde. Dein treuer Bruder v.B." (22.7.64 aus Wien)
Erlass an den preußischen Botschafter in Wien vom 24.7. 64 zu Rechtfertigung des preußischen Vorgehens in Rendsburg: Die Einigkeit der "beiden Großmächte" wird hervorgehoben, auf die Misslichkeit der getrennten Verwaltung von Holstein und Schleswig hingewiesen und die Schuld deutschen "Mittelmächten" gegeben.Telegramm an das Außenministerium von Gastein aus, 7.8.64
"Der gereizte und feindliche Ton gegen Dänemark nach dem Siege nicht würdig. [...] Wirken Sie dahin, daß auch die "Kreuzzeitung" und die sonst zugetane Presse in diesem Sinne spreche."
Die Ausgabe von 1965 schreibt in der Überschrift "Sprachregelung für die Presse".
Nach 14-tägigen Urlaub in Biarritz ist Bismarck wieder in Berlin und schreibt seiner Frau nach Reinfeld (in Pommern): "[...] die aufgesparten Geschäfte stürzen so auf mich ein, daß ich gestern nach der Ankunft bis 2 aufsaß und erst heute in der Mitternachtsstunde dazu komme, dir zu schreiben. Wenigstens 3 Stunden hatte ich nichts zu thun, als meinen Namen zu schreiben, und viel Vortrag beim König, Gortschakow, der mich hier erwartete, und alle mögliche Gesandte. [...] Einen halben Tag bin ich in Essen, der Kanonengießerei von Krupp, gewesen. [...]"Brief an seine Frau, Schönbrunn, 20.8.64
Erinnerung an die Zeit vor 17 Jahren, wo sie beide in den "heimlichen reservierten Garten [...] beim Mondschein hier eindrangen" und "mit heimlichem Behagen am Verbotenen bis an die Glasfenster wanderten", hinter denen damals die [österreich.] Kaiserin wohnte und wo gegenwärtig er wohnt.
An seine Frau
Varzin,
30. Juni 1967
Mein geliebtes
Ich
hatte den besten Willen dir zu schreiben, aber weder Zeit noch
Feder, Papier oder Tinte. Letzteres ist angelangt, aber wo soll die
Zeit her kommen? Wenn ich gefrühstückt und gezeigtungt habe, wandere
ich mit Jagdstiefeln in die Wälder, bergsteigend und sumpfwatend,
lerne Geographie und entwerfe Schonungen; sobald ich heimkehre wird gesagt Geld und dasselbe Geschäft bis zum Überdruss
fortgesetzt. [...] Bernhard war nicht so unterhaltend wie
gewöhnlich, er grübelt und rechnet innerlich zu viel. Ich werde ihm
Kniepow ja wohl lassen, falls ich hier noch etwas zu kaufen finde.
Aber wenn ich dort bin, laufe ich immer Gefahr festzuwachsen; ich
fand es wieder reizend, sie lassen mich nur niemals allein, und ich
habe mir dort mit den Bäumen mehr zu sagen als mit den Menschen.
Kommt doch nur schnell her und lass die Jungen allein folgen.
[...] schicke etwas grünes und durchsichtiges Zeug, zu
dunkelm Fenstervorhang, und zum Vorspannen auf der inneren Seite von
Glastüren durch welche man nicht gesehen zu sein wünscht. Dass ich
vor deiner Herkunft nochmals in Berlin erscheine, globe ich
schwerlich. Schildere nur meine Stimmung so angegriffen, dass ich den
sichtlichen Erfolg der Kur nicht durch die Strapazen dieser Reise
gefährden könnte, und kommst du bald dein treuester v B
(Bismarck:
Werke in Auswahl Vierter Band, Seite 179)
Bismarck Reichstagsrede im Norddeutschen Bund 23. März 1869
"Mein Einfluss auf die Ereignisse, die mich getragen haben, wird zwar wesentlich überschätzt, aber doch wird mir gewiss keiner zumuten, Geschichte zu machen; das, meine Herren, könnte ich selbst in Gemeinschaft mit ihnen nicht, eine Gemeinschaft, in der wir doch so stark sind, dass wir einer Welt in Waffen trotzen könnten, aber die Geschichte können wir nicht machen, sondern nur abwarten, dass sie sich vollzieht. Wir können das Reifen der Früchte nicht dadurch beschleunigen, dass wir eine Lampe darunter halten, und wenn wir nach unreifen Früchten schlagen, so werden wir nur ihr Wachstum behindern und sie verderben."
(Bismarck:
Werke in Auswahl Vierter Band, Seite 330/31)
Tischgespräch in Ferrières, 28.9.1870 - aufgezeichnet von M. Busch
Dann ging er zu einer längeren Rede über, die im Betreff des Bildes mit dem sie begann, durch einen Fettfleck auf dem Tafeltuche von vor ihm beeinflusst war, und die zuletzt den Charakter eines Zwiegespräches zwischen dem Minister und Katt annahm. Er sagte (wörtlich): Der Fettfleck (d.h. das Gefühl, das es schön sei,) zu sterben für Vaterland und Ehre, auch ohne Anerkennung, greift immer tiefer in die Haut der Bevölkerung, seit er mit Blut getränkt ist – breitet sich immer mehr aus. – Der Unteroffizier hat ja noch doch im Ganzen dieselbe Ansicht und dasselbe Pflichtgefühl wie der Leutnant und der Oberst – bei uns Deutschen. Das geht bei uns überhaupt sehr tief in alle Schichten der Nation. – Die Franzosen sind eine leicht unter einen Hut zu bringen der Masse, die dann sehr mächtig wirkt. Bei uns hat jeder seine eigene Meinung. Aber wenn sie einmal in großer Zahl die selbe Meinung haben, ist mit den Deutschen viel anzufangen. Wenn sie alle hätten, wären sie allmächtig. – Das Pflichtgefühl des Menschen, der sich einsam im Dunkeln tot schießen lässt (er meinte damit wohl, ohne an Lohn und Ehre für seine Standhaftigkeit auf dem ihm zugewiesenen Posten zu denken, ohne Furcht und ohne Hoffnung), haben die Franzosen nicht. Und das kommt doch von dem Rest Glauben in unserem Volker, davon, dass ich weiß, dass jemand ist, der mich auch dann sieht, wenn der Leutnant mich nicht sieht.
"Glauben
Sie, Exzellenz, dass sie darüber nachdenken?" fragte
Fürstenstein
Nachdenken
– nein, es ist ein Gefühl, eine Stimmung, ein Instinkt
meinetwegen. Wenn sie nachdenken, kommen Sie darüber hinweg. Dann
reden Sie sich aus. – Wie man ohne Glauben an eine offenbarte
Religion, an Gott, der das Gute will, an einen höheren Richter und
ein zukünftiges Leben zusammenleben kann in geordneter Weise– Das
Seine tun und jedem das Seine lassen, begreife ich nicht.[...]
Wenn
ich nicht mehr Christ wäre, diente ich dem König keine Stunde mehr.
Wenn ich nicht auf meine Gott rechnete, so gäbe ich gewiss nichts
auf irdische Herren. Ich habe ja zu leben und wäre vornehmen genug
und brauchte sie nicht. – Warum soll ich mich vergreifen und
unverdrossen arbeiten in dieser Welt, mich verlegen halten und übler
Behandlung aussetzen, wenn ich nicht das Gefühl habe, Gott deswegen
meine Schuldigkeit tun zu müssen. Wenn ich nicht an eine
göttliche Ordnung glaubte, die diese deutsche Nation zu etwas Gutem
und Großen bestimmt hätte, so würde ich das Diplomatengewerbe
gleich aufgeben oder das Geschäft gar nicht übernommen haben! Orden
und Titel reizen mich nicht. Der entschlossene (soll
wohl heißen, feste, zuversichtliche, zur Betätigung bereite)
Glaube an ein Leben nach dem Tode – deshalb bin ich Realist, sonst
wäre ich von Natur Republikaner.– Ja, ich bin Republikaner – im
höchsten Grade, und ich habe die Standhaftigkeit, die ich zehn Jahre
an den Tag gelegt habe gegen alle möglichen Absurditäten, nur aus
meinem entschlossenen Glauben. Nehmen Sie mir diesen Glauben und Sie
nehmen mir das Vaterland. Wenn ich nicht ein stramm gläubiger Christ
wäre, wenn ich die wundervolle Basis der Religion nicht hätte, so
würden sie einen solchen Bundeskanzler gar nicht erlebt haben. –
Hätte ich die wundervolle Basis der Religion nicht, so wäre ich den
ganzen Hofe schon längst mit dem Sitzzeug ins Gesicht gesprungen,
und schaffen Sie mir einen Nachfolger mit jener Basis, so gehe ich
auf der Stelle. Aber ich lebe unter Heiden. Ich will keine Proselyten
damit machen, aber ich habe das Bedürfnis diesen Glauben zu bekennen
[...] Wie gerne ginge ich! Ich habe Freude am Landleben, an Wald und
Natur nehmen Sie mir den Zusammenhang mit Gott und ich bin ein
Mensch, der morgen einpackt und nach Varzin ausreißt und seinen
Hafer baut. Sie nehmen mir dann meinen König. Denn warum, wenn es
nicht göttliches Gebot ist – warum soll ich mich denn diesen
Hohenzollern unterordnen? Es ist eine schwäbische Familie, die nicht
besser ist als meine, und die mich dann gar nichts angeht.[...]"
(Bismarck:
Werke in Auswahl Vierter Band, Seite 550/51)
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