Freitag, 28. März 2025

Über die Rolle des israelischen Geheimdienstes Schin Bet am 7.10. 2023 und sein Verhältnis zu Netanjahu

 Wikipedia: "Ronen Bar [..ist..] Leiter des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet; eine Amtsniederlegung wurde für April 2025 angekündigt. [...] Im Vorfeld des am 7. Oktober 2023 beginnenden Terrorangriffs der Hamas auf Israel soll Ronen Bar laut israelischer Nachrichtenwebsite Ynet und dem Fernsehsender Channel 12 am 23. Juli 2023 Ministerpräsident Netanjahu vor einem Krieg gewarnt haben, ohne jedoch Tag, Uhrzeit oder die Hamas als Angreifer zu nennen. 

Begründet wurde dies mit der internen Spaltung Israels aufgrund von Massendemonstrationen gegen die Regierung im Zuge der geplanten Justizreform und der Ankündigung von IDF-Reservisten, aus Protest ihren freiwilligen Dienst einzustellen, während andere drohten, ihren Pflichtdienst in der Reserve auszusetzen. Bar soll mitgeteilt haben, dass Israels Feinde beobachteten, was im Innern Israels inmitten der „Spaltung“ vor sich ginge, und „Schwächen“ erkennen würden. Das Büro des Premierministers wies den Bericht zurück und erklärte, Netanjahu habe keine Warnung vor einem Angriff aus dem Gazastreifen erhalten. Vielmehr sei ein Angriff von der Hisbollah im Norden Israels oder aus dem Westjordanland erwartet worden.[17][18] Bar übernahm öffentlich die Verantwortung für das Geheimdienstversagen, das den Hamas-Anschlag ermöglichte,[19] und forderte diesbezüglich am 25. Januar 2024 während einer Sitzung des Sicherheitskabinetts die Einrichtung einer staatlichen Untersuchungskommission, um den Angriff der Hamas und die Versäumnisse Israels zu untersuchen, die ihn ermöglichten.[20] Zudem ist Bar direkt an den Verhandlungen zur Freilassung der israelischen Geiseln aus der Gefangenschaft der Hamas beteiligt.[21][22]

Am 21. März 2025 gab das Büro von Benjamin Netanjahu bekannt, dass dessen Kabinett der Entlassung Bars zugestimmt habe. Demnach werde dieser sein Amt zum 10. April niederlegen, sofern bis dahin kein Nachfolger benannt worden ist.[23] Am selben Tag stoppte der Oberste Gerichtshof die Entlassung; man werde spätestens am 8. April endgültig entscheiden. Im Land kam es zu Massenprotesten gegen die Abberufung Bars. Kritiker werfen der Regierung politische Gründe vor. Der Inlandsgeheimdienst ermittelt auch gegen Vertraute Netanjahus; es geht dabei um angebliche Geldzahlungen, die diese vom Emirat Katar erhalten haben sollen, um das Image des Golfstaats in Israel zu verbessern. Zudem wurde in einer Untersuchung des Inlandsgeheimdienstes über Fehler im Zusammenhang mit dem Hamas-Massaker berichtet und dabei auch Netanjahu selbst kritisiert.[24] [...]"

WikipediaSchin Bet (שב) ist die Kurzbezeichnung des israelischen   Inlandsgeheimdienstes in Tel Aviv, der 1949 errichtet wurde.[...] Der Schin Bet ist für die Überwachung der Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland verantwortlich, nicht der Auslandsgeheimdienst Mossad. Im März 2025 veröffentlichte der Schin Bet einen Bericht zum Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, der zum Schluss kam: „Wenn der Schin Bet anders gehandelt hätte, in den Jahren vor und in der Nacht der Attacke, wäre das Massaker verhindert worden.“ Wichtige Punkte waren:

  • Geheimdienstinformationen über Angriffspläne der Hamas waren nicht angemessen behandelt worden

  • Die Verantwortung zwischen Schin Bet und der Armee mit Blick auf Kriegswarnungen war nicht klar genug aufgeteilt

  • Der Schin Bet hatte sich zu sehr auf die Sperranlage zum Gazastreifen und die Einsatzbereitschaft des Militärs verlassen

Der Bericht kritisierte die politische Führung.[4] Die Regierung Netanyahu hatte maßgeblich Anteil an der Stabilisierung der Hamas-Herrschaft über den Gazastreifen, denn Geldkoffer aus Katar wurden mit Billigung von Ministerpräsident Netanjahu an die Hamas übermittelt. Offiziell waren die Zahlungen von Katar zwar geheim, doch israelische Medien berichteten seit Jahren darüber. Israel wusste, dass Katar die Hamas unterstützte, befürwortete diese Zahlungen und setzte sich sogar bei US-amerikanischen Parlamentariern dafür ein, keine Sanktionen gegen Katar zu verhängen. Die Zahlungen waren Teil einer Reihe von Entscheidungen israelischer Politiker, Militärs und Geheimdienstmitarbeiter, die „alle auf der grundlegend falschen Einschätzung beruhten, dass die Hamas weder an einem groß angelegten Angriff interessiert noch dazu fähig sei“. Bei einem Treffen im September 2023 mit katarischen Beamten wurde der Direktor des Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, die Frage gestellt, ob Israel weiterhin wolle, dass die Zahlungen Katars an die Hamas fortgesetzt werden. Das politische Kalkül der Regierung Netanyahu bestand darin, die Hamas im Gazastreifen als Gegengewicht starkzumachen, um der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland entgegenzuwirken. Netanyahu wollte so eine Zweistaatenlösung verhindern, beide Seiten schwächen und so das palästinensische Lager spalten. Da die Regierung von Netanyahu beschlossen hatte, diese Politik fortzusetzen, bejahte Barnea. Der Mossad ist direkt dem Ministerpräsidenten unterstellt. Die israelische Regierung begrüßte das Geld aus Katar, selbst als das Militär Pläne für den Überraschungsangriff „Operation al-Aqsa-Flut“ erhalten und Analysten unmittelbar hinter der Grenze in Gaza bedeutende Übungen beobachteten, wurden die Zahlungen fortgesetzt. Jahrelang eskortierten monatlich israelische Geheimdienstoffiziere einen katarischen Beamten nach Gaza, wo er Geld aus Koffern voller Millionen Dollar verteilte.[5] 

Entgegen aller militärischen Logik wurde die für die Blockade des Gazastreifens zuständige Militär-Einheit „Gaza-Division“ einige Tage vor dem 7. Oktober 2023 ins israelische besetzten Westjordanland zu verlegt, um die dortigen jüdischen Siedlungen zu schützen.[6]

Netanyahu lehnte die Einrichtung einer staatlichen Untersuchungskommission zu den Ereignissen am 7. Oktober 2023 bisher ab (Stand Februar 2025)." (Wikipedia)

Jüdische Allgemeine: "Gegenwind erhält Netanjahu weiterhin von der Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara. Sie schickte ihm die schriftliche Aufforderung, Bar nicht zu entlassen, bis die Ermittlungen des Geheimdienstes zum so genannten Katargate abgeschlossen seien. Damit sind Vorwürfe gemeint, wonach enge Mitarbeiter Netanjahus im Auftrag von Katar gearbeitet haben sollen. Der Geheimdienst untersucht zudem die Anschuldigungen, dass ein Sprecher des Premier zu dessen Gunsten während des Krieges Falschinformationen an ausländische Medien weitergegeben habe. 
"Der Klarheit halber sei betont, dass der zeitliche Ablauf für sich selber spricht: zunächst wurden die Ermittlungen auf Grundlage der erhaltenen Informationen eingeleitet, und erst nachgaben Sie Ihre Absicht bekannt, den Chef des Shin Bet zu entlassen", so Baharav-MiaraNetanjahu warf der Generalstaatsanwältin daraufhin Amtsmissbrauch vor." (Jüdische Allgemeine vom 20. März 2025, S. 5)

Wikipedia: Gali Baharav-Miara "[...] Im Februar 2022 wurde Baharav-Miara zur Generalstaatsanwältin Israels ernannt und trat damit die Nachfolge von Avichai Mandelblit an. Ihre Ernennung erfolgte auf Vorschlag des damaligen Justizministers Gideon Sa’ar und wurde von der Regierung einstimmig bestätigt. Maharav-Miaras Amtszeit als Generalstaatsanwältin ist von Konflikten mit der rechtsreligiösen Regierung unter Benjamin Netanjahu geprägt.[3] Seit ihrem Amtsantritt hat sich Baharav-Miara insbesondere gegen die von der Regierung vorangetriebene umstrittene Justizreform gestellt, die nach Ansicht von Kritikern die Gewaltenteilung in Israel gefährdet.[4] Im März 2025 leitete Justizminister   Jariv Levin ein Verfahren zu ihrer Absetzung ein.[5]


Donnerstag, 27. März 2025

Film über Bonhoeffer

 "[...] ZEIT: Auch Dietrich Bonhoeffer wurde noch kurz vor Kriegsende, am 9. April 1945, auf Hitlers persönlichen Befehl hingerichtet. Da hatte er zwei Jahre Haft hinter sich. Während dieser Zeit bekamen seine Angehörigen phasenweise keinerlei Lebenszeichen von ihm.

Korenke: Nach dem gescheiterten Attentat wurde die ganze Familie verfolgt und schikaniert, da ihre Verstrickung in den Widerstand herauskam. Dietrich Bonhoeffer war ja nicht nur Mitglied der Bekennenden Kirche gewesen. Über seinen Schwager Hans von Dohnanyi lernte er Verschwörer wie Wilhelm Canaris, Hans Oster und Ludwig Beck kennen. Ab 1940 diente er als Verbindungsmann zwischen kirchlichem und militärischem Widerstand.

ZEIT: Er rechtfertigte in seinem unvollendeten Hauptwerk Ethik den Tyrannenmord, indem er erklärte, wann ein Christ gegen das Gebot "Du sollst nicht töten" (auf Hebräisch: "Du sollst nicht morden") verstoßen darf. Sie selbst sind kein Theologe, sondern Historiker. Was muss man heute über ihren Großonkel wissen?

Korenke: Ihm waren religiöser Eifer, blinder Gehorsam, Nationalismus und Militarismus fremd. Deshalb ärgert es mich so sehr, wenn sein Name heute von Extremisten vereinnahmt wird. In Deutschland versucht auch die AfD den 20. Juli zu instrumentalisieren. Jetzt werden der deutsche Widerstand und besonders mein Großonkel von Trump-Fans benutzt. Der neue Film über ihn ist grottenschlecht! [...]

ZEIT: Bonhoeffers heute bekanntestes Buch heißt Widerstand und Ergebung.

Korenke: Das sind die Texte aus der Haft. Aber Widerstand war gar nicht sein Wort. Er wollte anständig bleiben. Sein Bruder Klaus und sein Schwager Hans wurden auch hingerichtet, seine Schwester Christel verhaftet. Meine Mutter war die jüngste Tochter des hingerichteten Rüdiger Schleicher. Das Schicksal der Ermordeten hat uns alle geprägt."

E. Finger im Gespräch mit T. Korenke ZEIT 16.10.24

Donnerstag, 20. März 2025

Wer zahlt für die Nachrüstung in der EU?

 "Erhöhung der Staatsverschuldung, Kürzung der Sozialausgaben, weniger öffentliche Dienstleistungen, so befürchten viele, soll das Geld für die Wiederaufrüstung Europas beschafft werden. Aber gibt es nicht auch noch andere Lösungen? [...]"

Europäische Wiederaufrüstung: Zeit, die Reichen zu besteuern,  voxeurop.eu/de 18.3.25

Zweite Frage: Wie kann man die Beschaffung entbürokratisieren

Dritter Frage: Wie kann man die Zusammenarbeit bei Rüstung und Verteidigung vorantreiben?




euro|topics: Welche Weichen stellen für Europas Verteidigung?

 

Trump verhandelt mit Putin über die Ukraine – und die Nato steckt wegen der aktuellen US-Politik in einer Sinnkrise: Vor diesem Hintergrund kommen die Staats- und Regierungschefs der EU heute in Brüssel zusammen, um über europäische Aufrüstungspläne, gemeinsame Verteidigung und weitere Unterstützung für Kyjiw zu beraten. Europas Medien diskutieren Grundlagen und Probleme eines möglichen neuen Sicherheitsmodells.

Kristeligt Dagblad (DK)

Weiter mit den USA kooperieren

Noch ist Europa nicht stark genug, um ohne die USA auszukommen, meint Kristeligt Dagblad:

„Europa befindet sich noch nicht in einer Situation, in der wir es uns leisten können, die USA abzulehnen. Für einige Zeit werden wir uns auf eine zweigleisige Sicherheitspolitik verlassen müssen. Zum einen müssen wir uns so weit wie möglich selbst bewaffnen, um Europa in die Lage zu versetzen, sich selbst zu verteidigen, und uns so weniger abhängig von den Amerikanern zu machen. Zum anderen müssen wir das amerikanische Engagement in Europa so lange wie möglich aufrechterhalten, denn trotz Trumps offensichtlicher Schwächung der Nato-Kooperation enthält diese immer noch Elemente der Abschreckung.“

Johannes Henriksen
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
LRT (LT)

Die ukrainische Armee einbinden

Politologe Alvydas Medalinskas empfiehlt in LRT:

„Da Großbritannien nicht mehr Mitglied der EU ist und die Türkei auf dem Weg dorthin feststeckt, rückt eine neue Option in greifbare Nähe. Auch die Ukraine strebt in die EU – sie verfügt wie die Türkei über eine große und schlagkräftige Armee. Sie ist zudem die einzige Armee Europas mit realer Kampferfahrung gegen Putins Russland – und hochmotiviert. Vor diesem Hintergrund könnte Europa beginnen, ein neues gemeinsames Verteidigungssystem aufzubauen. Eines, das in Partnerschaft mit Washington funktioniert, aber zunehmend eigenständige Verantwortung für Europas Sicherheit übernimmt – unabhängig von der EU-Mitgliedschaft. Das ist eine neue Chance für Europa. ... Zudem ist es auch eine neue Chance für die Ukraine.“

Alvydas Medalinskas
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
Libération (FR)

Zugeständnisse der Rüstungsindustrie unvermeidbar

Frankreichs Industrie muss diesmal kooperieren, drängt Libération:

„Es ist schön, gemeinsam ein Flugzeug oder einen Panzer zu entwickeln, doch das erfordert, dass einige Hersteller zugunsten eines europäischen Partners eine hart erkämpfte Kompetenz aufgeben. ... Dies hat zum Scheitern des Projekts eines europäischen Kampfjets geführt, der in den 80er und 90er Jahren anstelle der französischen Rafale und des italienisch-spanisch-britisch-deutschen Eurofighters hätte entwickelt werden sollen – zweier Kampfflugzeuge, die einander seitdem Konkurrenz machen. Es wäre notwendig gewesen, dass sich dafür in Frankreich der Radar-, der Raketen-, der Flugzeug- oder der Triebwerkhersteller zurückziehen, was kompliziert ist, wenn man Marktführer ist. Doch ist das existentiell, wenn es darum geht, als Gemeinschaft stärker zu sein.“

Alexandra Schwartzbrod
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
Handelsblatt (DE)

Ein handfester Interessenkonflikt

Das Handelsblatt kritisiert die Zurückhaltung der EU-Staaten im Süden und Westen:

„[J]e weiter weg die russische Grenze, desto geringer die gefühlte Bedrohung. ... Der zweite Faktor ist der Verschuldungsgrad: Die Mittelmeerländer sind ohnehin schon hochverschuldet und wollen ihren Schuldenberg durch teure Waffenkäufe nicht noch vergrößern. Stattdessen streichen sie lieber weiter die Friedensdividende ein. Für die Sicherheit Europas können ja die EU-Partner im Norden und Osten sorgen, scheinen sie zu denken. Dass diese Einstellung bei Litauern und Polen, Dänen und Niederländern Irritationen auslöst, ist nachvollziehbar. ... In der Verteidigungsfrage bahnt sich der nächste große Interessenkonflikt in Europa an.“

Can Merey
Teilen auf
zur Homepage
 
Corriere della Sera (IT)

Starke Militarisierung führt zu Krieg

Über 2500 Wissenschaftler haben einen Appell gegen die Aufrüstung unterzeichnet, den Corriere della Sera veröffentlicht:

„Als Wissenschaftler – von denen viele auch in Disziplinen tätig sind, die mit Militärtechnologie zu tun haben –, als Intellektuelle, als Bürger, die sich der heutigen globalen Risiken bewusst sind, glauben wir, dass es die moralische und staatsbürgerliche Pflicht eines jeden Menschen guten Willens ist, sich gegen den Ruf nach einer weiteren Militarisierung Europas auszusprechen und zu Dialog, Toleranz und Diplomatie aufzurufen. Eine starke Militarisierung verteidigt nicht den Frieden, sondern führt zu Krieg. .... Das Letzte, was wir brauchen, ist, dass der Alte Kontinent von einem Leuchtturm der Stabilität und des Friedens zu einem neuen Kriegsherrn wird.“

Carlo RovelliFlavio Del SantoFrancesca Vidotto
Teilen auf
Zum Originalartikel

Mittwoch, 19. März 2025

euro|topcs: Trump und Putin einigen sich auf partielle Feuerpause – und nun?

Im Telefonat mit US-Präsident Donald Trump hat Wladimir Putin einem Verzicht auf Angriffe gegen Energie-Infrastruktur für 30 Tage zugestimmt, nicht jedoch der von Washington und Kyjiw zuletzt vorgeschlagenen umfänglichen Waffenruhe. Laut Trump wollen nun beide Seiten weiter "schnell an einem vollständigen Waffenstillstand arbeiten". Europas Medien beleuchten das Resultat des Gesprächs.

Avvenire (IT)

Minimaler Erfolg

Für Avvenire wurde wenig bewegt - aber immerhin mit positivem Vorzeichen:

„Nach drei Jahren Krieg ist jede nicht abgefeuerte Rakete, jede nicht abgeworfene Bombe ein begrüßenswertes Ergebnis. Das lange Telefongespräch deutet jedoch darauf hin, dass eine Annäherung zwischen Washington und Moskau leichter sein wird als ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine. Der 30-tägige Stopp der Angriffe auf die Energieinfrastruktur, dem der Kremlchef auf Vorschlag des US-Präsidenten zustimmte, ist die erste selbst auferlegte Einschränkung der russischen Kriegshandlungen seit Beginn des Konflikts. Es wird sich bald zeigen, ob damit auch ein Rückgang der Angriffe auf andere zivile Ziele einhergeht.“

Andrea Lavazza
Teilen auf
zur Homepage
 
Vladimir Fesenko (UA)

Der erste Testlauf für Friedensgespräche

Die Umsetzung der begrenzten Feuerpause wird wichtige Erkenntnisse für langfristige Vereinbarungen liefern, schreibt Politologe Wolodymyr Fessenko auf Facebook:

„Demnächst müssen detaillierte Verhandlungen über eine Waffenruhe bei Häfen und Energieinfrastruktur beginnen. Das sollten schon direkte Gespräche zwischen Expertengruppen aus Russland, der Ukraine und den USA sein. ... Das wird der erste Test sein – wie schnell und effizient eine Einigung über eine solche Waffenruhe erreicht werden kann. Auch werden die Verhandlungsmechanismen und -verfahren in der Praxis erprobt. Und dann steht die Hauptprüfung an: Wie wird diese Vereinbarung umgesetzt? Davon wird die Zukunft der Verhandlungen über einen vollständigen Waffenstillstand abhängen.“

Wolodymyr Fessenko
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
Capital (GR)

Moskau spielt mit dem Feuer

Russland hat aktuell eine gute Verhandlungsposition, sollte Trumps Wohlwollen aber nicht überstrapazieren, ist bei Capital zu lesen:

„Die Rückeroberung fast aller von der Ukraine besetzten Gebiete in der Region Kursk und der langsame, aber stetige Vormarsch im Donbass machen Moskau recht zuversichtlich. ... Putin dürfte entschlossen sein, Trumps 'Einfühlungsvermögen' auszunutzen. In diesem Sinne könnte die Strategie des russischen Präsidenten darin bestehen, sich in den wesentlichen Punkten unnachgiebig zu zeigen, um ein Friedensabkommen zu erreichen, das den russischen Forderungen entgegenkommt. ... Doch hier könnte Moskau mit dem Feuer spielen. Russische Hybris könnte in der Tat zu einer Änderung der US-Politik gegenüber der Ukraine führen - zum Nachteil Moskaus.“

Nikitas Simos
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
Unian (UA)

Für Putin ist alles Verhandlungsmasse

Politologe Ihar Tyschkewytsch liest in Unian drei Pfeiler von Moskaus Verhandlungsstrategie heraus:

„Erstens den Versuch, das Feld der Diskussion zu erweitern, indem man den USA Dienste in anderen Regionen anbietet und im Gegenzug Zugeständnisse in Bezug auf die Ukraine verlangt. Zweitens die 'Fragmentierung' der Fragen des Krieges in der Ukraine, indem man versucht, einzelne Bestandteile zu eigenständigen Verhandlungspfaden zu machen – so etwa die Frage des Schwarzen Meeres, in Zukunft vielleicht auch die Energiefrage. Drittens: Den USA werden wirtschaftliche Vorteile (oder einfach Ressourcen) als Gegenleistung für bestimmte politische Zugeständnisse angeboten. Russlands Positionierung gegenüber China wurde bislang noch nicht auf den Tisch gelegt. Aber ich denke, dass Putin diesbezüglich sowohl mit Washington als auch mit Peking feilschen wird.“

Ihar Tyschkewytsch
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
Abbas Galliamow (RU)

Ukraine war nicht das einzige Thema

Der in Israel lebende Politologe Abbas Galliamow benennt auf Facebook auch den Iran als bedeutsamen Gegenstand des Telefonats:

„Putins Verhandlungsstrategie liegt der Versuch zugrunde, die Anzahl der zu besprechenden Fragen zu erweitern - mit dem Ziel, eigene Zugeständnisse bei anderen, für ihn weniger wichtigen Themen (wie etwa den Nahen Osten) gegen Zugeständnisse von Trump in Sachen Ukraine einzutauschen. Allerdings sollten die Ukrainer noch keinen Groll auf den US-Präsidenten hegen: Putins Hauptforderung, während einer Waffenruhe die Ukraine nicht aufzurüsten, hat er abgelehnt. Genau deshalb ist kein großer Waffenstillstand zustande gekommen. Aber dank dem Thema Iran ist es gelungen, sich nicht zu zerstreiten.“

Abbas Gallyamov
Teilen auf
Zum Originalartikel
 
Süddeutsche Zeitung (DE)

Es geht eben nicht ruckzuck

Die Süddeutsche Zeitung ist vorsichtig optimistisch:

„[D]em Kommuniqué zufolge, veröffentlicht nach Ende des Telefonats, haben die beiden keinen Schaden angerichtet und sich in vorsichtigen Schritten dem Problem genähert. Vor allem der Verweis auf einen Waffenstillstand im Bereich der Energie-Infrastruktur lässt hoffen. ... [O]ffenbar scheinen die ukrainischen Nadelstiche gegen russische Raffinerien ihre Wirkung zu entfalten. Vielleicht hat Russland auch Respekt vor dem neu entwickelten ukrainischen Marschflugkörper, der kurz vor dem Einsatz steht. Dann also weitere Verhandlungen, in Saudi-Arabien. Auch das ist eine gute Nachricht, weil die Komplexität des Krieges nicht im Handumdrehen wegzuwischen ist.“

Stefan Kornelius
Teilen auf
Zum Originalartikel