Tadzio Müller: "Ich glaube, dass der Klimakollaps, der Zusammenbruch des globalen Klimasystems, entweder schon da ist oder mit absoluter Sicherheit auf uns zukommt. Emissionen werden nicht reduziert und Vorschläge wie grüner Wasserstoff erinnern mich eher an magisches Denken als an Lösungen. Und wir beide sehen die Relevanz der Vorbereitung der Gesellschaft auf die Situationen, die da entstehen werden. Mein Vater hat schon vor Jahren gesagt, die Menschheit werde das Klima an die Wand fahren. Früher hat mich das fuchsteufelswild gemacht.
Jetzt, nach 15 Jahren Klimaaktivismus, sage ich: Das Auto ist bereits an der Wand und faltet sich gerade in Zeitlupe zusammen. Es ist klar, dass global immer mehr Konflikte auftreten werden, um Wasser, um Migrationsbewegungen, um Hitzestress in urbanen Zentren. Und wir müssen uns darauf vorbereiten, weil Deutschland durch die Krisen der letzten Jahre recht gut durchgekommen ist. Wenn so eine Gesellschaft plötzlich Katastrophendynamiken erlebt, wird es wirklich gefährlich. [...]
Die Klimakrise ist ja nicht nur ein ungelöstes Problem, sondern auch eine Gerechtigkeitskrise. Die Folgen baden ja nicht diejenigen aus, die am meisten zu Emissionen beigetragen haben. Wir im Globalen Norden belügen die Welt, wir belügen uns selbst, wir belügen unsere Kinder. Ich muss sagen, ich beneide die Eltern junger Kinder nicht um die Gespräche, die da noch kommen werden. In der ganzen Gesellschaft gibt es viel Angst und viele implizite Schuldgefühle.
Und wenn die Verdrängung mal nicht mehr funktioniert, entlädt sich die Wut auf die paar Aktivisten, die uns schlechte Nachrichten überbringen. Das hat alles nichts mehr mit dem progressiven Wertegebäude und seinen Rationalitäts- und Ethikansprüchen zu tun, die mein Vater mir vermittelt hat. Ich würde gerne gesamtgesellschaftlich darüber reden, wie wir uns auf eine Zukunft mit viel mehr Konflikten einstellen können." ("Das Projekt Klimaschutz ist gescheitert" FR 10.12.23)
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