Donnerstag, 6. September 2018

euro|topics: EU-Kommission: Wäre Weber der richtige Mann? - Europawahlkampf


Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber hat angekündigt, nach der Europawahl 2019 Nachfolger von Juncker als EU-Kommissionspräsident werden zu wollen. Ob die EVP ihren derzeitigen Fraktionschef zum Spitzenkandidaten kürt, entscheidet sie am 8. November. Europas Medien wägen schon jetzt die Vor- und Nachteile einer Präsidentschaft Webers ab.
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (CH)

Ein pragmatischer Brückenbauer

Ein deutscher Kommissionspräsident Weber wäre gleich aus mehreren Gründen gut für Europa, zählt die Neue Zürcher Zeitung auf:
„Erstens könnte er besser als jeder ausländische Präsident die misstrauischen Deutschen mitnehmen, wenn es um die schon lange in Brüsseler Schubladen schlummernden Reformpläne für eine Post-Brexit-EU unter deutsch-französischer Führung gehen wird. Zweitens besitzt Weber als Politiker und Persönlichkeit viele Fähigkeiten, die ihn zu einem erfolgreichen Kommissionspräsidenten machen dürften: Erfahrung und beste Vernetzung in den Brüsseler Maschinenräumen, eine solide innere Wertordnung, ein offenes, bescheidenes Auftreten sowie die absolut zentrale Fähigkeit zu Pragmatismus und Kompromissen. Als Vertreter einer jüngeren Generation gäbe er der Brüsseler EU-Zentrale ein offenes, freundliches Gesicht.“
Peter Rásonyi
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EL PERIÓDICO DE CATALUNYA (ES)

Weber könnte Wegbereiter für Rechtsruck sein

Die politische Herkunft Webers bereitet der Tageszeitung El Periódico de Catalunya Sorgen:
„Von der Kandidatur des bayerischen Politikers geht eine beängstigende Botschaft aus, weil er derjenigen bayerischen Partei angehört, die sich immer mehr dem Populismus zuneigt. Die EVP sieht sich als Zuhause der europäischen Mitte-Rechts-Parteien, nimmt aber auch eindeutig rechte und sogar rechtsextreme Gruppierungen auf. Das ist der Fall bei Fidesz-MPSZ, der Partei von Premier Viktor Orbán, und Slovenska demokratska stranka (SDS) des slowenischen Expremiers Janez Janša.“
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LA REPUBBLICA (IT)

Zu viel Toleranz gegenüber den Illiberalen

Der Politologe Yascha Mounk wirft Weber in einem Gastbeitrag für La Repubblica Prinzipienlosigkeit vor:
„Die EU wird in ihrem Inneren zutiefst illiberale und sogar undemokratische Staaten tolerieren und damit der eigenen Legitimität schaden. Die deutschen Bürger mögen akzeptieren, dass sie die Souveränität mit französischen Bürgern teilen, um international mehr Gewicht zu haben. Doch es wird schwer sein, sie davon zu überzeugen, dass sie dies auch mit einem ungarischen Diktator tun müssen. Wenn Weber und Merkel für eine im Grunde nur bedingt wichtige Mehrheit im Parlament bereit sind, ihre Prinzipien aufzugeben, warum sollten wir dann damit rechnen, dass sie sich nicht mit den Nationalisten der AfD verbünden, wenn das der Preis für den Machterhalt in Berlin sein sollte?“
Yascha Mounk
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DE STANDAARD (BE)

Merkels taktische Manöver

Mit Webers Kandidatur verfolgt Kanzlerin Merkel mehrere Ziele, führt De Standaard aus:
„Merkel will vor allem, dass die Kommission stärker und verbindender nach außen wirkt. Auch ist es ein Signal, dass Deutschland seine Verantwortung ergreifen will. Doch zugleich ist dies auch ein taktisches Manöver um zu verhindern, dass die Europäische Volkspartei, die Kuppel der christdemokratischen und konservativen Parteien, durch Spannungen über die Migrationspolitik auseinanderfällt. Denn das würde ihre dominierende Position im europäischen Kräftefeld bedrohen. Weber versicherte sich auch der Unterstützung des ungarischen Premiers Viktor Orbán, der in dieser Hinsicht Merkel diametral gegenüber steht. Machtpolitik erfordert eben, dass man bisweilen Wasser und Feuer miteinander versöhnen kann.“
Bart Sturtewagen
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EU-Kommission: Wäre Weber der richtige Mann?

Politik rüstet sich für Europawahlkampf
Nach der Sommerpause nimmt das politische Leben in der EU mit Blick auf die Europawahl im Mai kommenden Jahres an Fahrt auf. Der Poker um die Neuvergabe der EU-Spitzenjobs hat begonnen, Kommissionspräsident Juncker treibt die Abschaffung der Zeitumstellung voran. Kommentatoren beobachten, wie sich zwei Lager in Position bringen.
DE VOLKSKRANT (NL)

Diesmal heißt es Macron gegen Orbán

Frankreichs Präsident Macron und Ungarns Premier Orbán stehen für die Polarisierung im kommenden Europawahlkampf, analysiert De Volkskrant:
„Für Orbán soll es um den Zweikampf zwischen Multikulturalismus und christlicher Kultur gehen, um die Haltung für oder gegen Einwanderung, um die föderalistische Europäische Union von Brüssel oder das Europa der Nationalstaaten. ... Nach Ansicht des ungarischen Premiers ist alles die Schuld der Elite, besonders der Elite von '1968'. Er will eine Korrektur und fühlt sich gestärkt durch den 'Rechtsruck' in Österreich, Italien und auch ein wenig in Deutschland. ... Macron will die Kampfansage annehmen, gemeinsam mit anderen progressiven Kräften in Europa, die wie er Befürworter einer stärkeren EU und pluraler Gesellschaften sind. Aber wie er das tun will, ist noch offen.“
Arie Elshout
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REVISTA 22 (RO)

Populisten bereiten ultimativen Angriff vor

Die populistischen Anführer, allen voran Italiens Innenminister Salvini und Ungarns Premier Orbán, arbeiten daran, das Europäische Parlament zu dominieren, meint die rumänische Wochenzeitung Revista 22:
„Das Problem ist, das für beide Seiten dieser Allianz das Thema Einwanderung nur ein Instrument ist, um ihre zutiefst antiliberalen und autoritären Agenden umzusetzen. Orbáns Hauptziel ist, ein autoritäres und korruptes Regime zu konsolidieren, während Salvini erst einmal eines aufbauen will. ... Je länger die europäischen Konservativen die Konfrontation mit den extremen Populisten hinausschieben, desto schwieriger wird das Ende des liberalen Europas zu vermeiden sein.“
Cristian Campeanu
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TELOS (FR)

Was Europa eigentlich liefern muss

Um bei den Bürgern beliebter zu werden und sie zur Wahl zu mobilisieren, muss die EU besser erklären, welche Vorteile sie bringt, erklärt Ökonom François Meunier auf dem Debattenportal Telos:
„Was Europa fehlt, sind gute Projekte, die manchmal technokratisch, aber für die Bürger von Nutzen sein und mit einer guten PR einhergehen müssen. Was die 'Völker' - ein Begriff, der mit zahlreichen Bedeutungen überfrachtet wird - verlangen, ist Handeln oder anders ausgedrückt: Kompetenzbereiche, in denen Europa 'liefert'. ... Die Wettbewerbspolitik, die bisweilen sogar die Illusionen von Google zerstört, ist ein schönes Beispiel und Grund für Stolz. Ebenso das künftige europäische GPS. Themenbereiche gibt es genügend: von den einfachsten bis zu den ehrgeizigsten Ideen, von der Luftfahrtkontrolle über die Einführung ökologischer Standards bis zur Zuwanderungspolitik.“
François Meunier
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