Dadurch dass der Vorstand in die Koalitionsverhandlungen mit einem äußerst reduzierten Forderungskatalog hineingeht, fehlt ihm die Verhandlungsmasse, ein Ergebnis zu erzielen, das für die Mehrheit der SPD-Mitglieder akzeptabel wäre.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Gabriels Spekulation folgende:
Einer unbestimmten Zahl von SPD-Mitgliedern, vielleicht sogar mehr als 10 Prozent ist eine große Koalition auch bei mageren Verhandlungsergebnissen recht.
Bei der Wählerschaft der SPD dürfte dieser Anteil deutlich höher liegen.
Merkel hat im Fall, dass ihr nur eine Minderheitsregierung möglich ist, die Option, Neuwahlen anzustreben.
Bei diesen Neuwahlen würde die SPD aus den oben genannten Gründen an Stimmen verlieren. Wie viele sie gewinnen würde, ist ungewiss.
In Kenntnis dieser Tatsache wird ein großer Teil der SPD-Mitglieder, die gegen eine große Koalition sind, sich dennoch für diese Koalition entscheiden.
Dafür spricht auch: Hannelore Kraft scheint aus den genannten Gründen ihren Widerstand gegen die große Koalition aufgegeben zu haben. Eine Entscheidung gegen diese Koalition würde also scheinbar auch gegen sie gefällt.
Ob seine Taktik aufgeht, wird sich zeigen. Jedenfalls gibt sie Angela Merkel viel Spielraum, die letzten Reste von SPD-Programmatik aus dem Koalitionsvertrag herauszuhalten. Das Ergebnis wäre eine Unionsregierung mit einigen Ministern mit SPD-Parteibuch.
Was schreibt dagegen der SPD-Vorstand den SPD-Mitgliedern:
Das werden harte Verhandlungen. Denn unsere Aufgabe besteht nicht darin, unter allen Umständen in eine Regierung zu gehen. Unser Auftrag ist, Bewegung, Fortschritt und mehr Gerechtigkeit für das Land zu verwirklichen. Konkrete Verbesserungen für Arbeit und Leben von vielen Millionen Menschen in Deutschland.
Der Auftrag an die SPD ist "Bewegung, Fortschritt und mehr Gerechtigkeit für das Land zu verwirklichen". Diesen Auftrag hat Gabriel jetzt schon verraten.
Heribert Prantl stellt in der SZ vom 21.10.13 fest, dass die SPD auch ohne Forderungen zum Schutz der Grundrechte und zur Reform des Verfassungsschutzes in die Verhandlungen geht.
Dem wäre noch viel hinzuzufügen.
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