Dienstag, 13. Oktober 2020

euro|topics: Zweite Welle: Dos and Don'ts für Politik und Bürger


Wegen der stark ansteigenden Zahl von Corona-Infektionen haben viele europäische Staaten wieder härtere Beschränkungen angeordnet: von der Schließung von Bars und Kultureinrichtungen bis hin zu einer Maskenpflicht im Freien. Kommentatoren fragen, wer die Verantwortung für die Umsetzung erfolgreicher Maßnahmen trägt und welche Fehler es zu vermeiden gilt.

DAGENS NYHETER (SE)

Regeln müssen einheitlich und gerecht sein

In Schweden, wo neben dem Abstandsgebot weiterhin mehrere strenge Vorgaben gelten, haben Bilder von ausgelassenen Feiern in Stockholmer Edelbars Empörung ausgelöst. Dagens Nyheter kann verstehen, dass die Geduld der Schweden schwindet:

„Breite Teile der Bevölkerung finden wahrscheinlich, dass es nun langsam reicht. Je mehr Partybilder, desto mehr Menschen fragen sich, warum sie zu Hause sitzen sollen. ... Wir Schweden gehören sicherlich zur Weltspitze, wenn es darum geht, selbst absurdesten Regeln Folge zu leisten. Und in Zeiten, da sich ein Virus verbreitet, ist das gewiss von Vorteil. Aber nötig sind auch Logik, Konsequenz und ein Gefühl von Gerechtigkeit. Im Fußballstadion bibbern oder im Theater klatschen: verboten. Aus der gleichen Champagnerflasche trinken wie ein Don Corona: kein Problem? Um das zu erklären, braucht [Staats-Epidemiologe] Tegnell viele Pressekonferenzen.“

Erik Helmerson
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RZECZPOSPOLITA (PL)

Mit Informationen Vertrauen schaffen

Rzeczpospolita ärgert sich über den Mangel an offiziellen, verlässlichen Informationsquellen in Polen:

„Da die Regierung keine Anstrengungen unternimmt, eine systematische Infektionsanalyse vorzubereiten, und auch kein Covid-19-Informationszentrum hat, sondern lediglich das Alarmsystem des [Katastrophensicherheitszentrums] RCB verwendet, das Warnungen an Handys schickt, übernehmen die Medien, einschließlich der sozialen Medien, die Erklärung, Kommentierung und Alarmierung. Und weil sie von Menschen mit allen möglichen Ansichten über die Welt und die Pandemie erstellt werden, findet man auch alle möglichen Ansichten im Internet. Aber es gibt auch gute Nachrichten: Inmitten der Flut naiver Propaganda von Verschwörungstheoretikern und denjenigen, die die Pandemie leugnen, veröffentlichen auch Experten Informationen und Analysen.“

Zuzanna Dąbrowska
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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (DE)

Lernprozesse anerkennen

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fordert mehr Nachsicht mit den Politikern:

„Sie sind auch nur Menschen, die sich irren können, die sich korrigieren müssen, die ständig dazulernen. Eine Politik, die ihren ständigen Lernprozess in einer solchen Krise transparent macht, auch auf die Gefahr hin, sich angreifbar zu machen, ist ein Gewinn, keine Schwäche. Doch manche Bürger gestehen ihren Politikern keine Fehler mehr zu. Stattdessen nehmen sie revidierte Einschätzungen und Kurswechsel (nicht nur) in der Pandemie ausschließlich als Beleg für chaotisches Krisenmanagement und fehlende Führungsstärke. Oder, schlimmer noch, als Bestätigung des Generalverdachts, 'diesen Politikern' könne man nichts mehr glauben. Das ist das gefährlichste Gift von allen, weil es den Grundkonsens zersetzt, auf den sich jede Demokratie stützt.“

Oliver Georgi
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ÚJ SZÓ (SK)

Nicht nur auf die Likes schauen

Új Szó wirft dem slowakischen Premier Igor Matovič Panikmache vor:

„Mittlerweile haben wir ein klares Bild davon, was es bedeutet, wenn Regierungschef Igor Matovič die Pandemiebekämpfung betreut. Auf seiner Facebook-Seite wird jeden Tag ein Post veröffentlicht, in dem er das halbe Land als blöd bezeichnet und jedermann zur Hölle schickt. Diese Posts umfassen meistens auch die neuesten Testzahlen und werden immer vor 10 Uhr, also noch vor den offiziellen Daten veröffentlicht, um eine bestimmte Klick- und Besucherzahl zu erreichen. Außerdem stellt sich Matovič in diesen Posts regelmäßig als Märtyrer dar, verursacht Panik und versucht, seine Verantwortung abzuschütteln und sie anderen aufzubürden. ... Das passiert, wenn es in der Politik nur um den heutigen Tag und um die Likes geht.“

Norbert Hegedűs
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LE MONDE (FR)

Gesundheit demokratisieren

Nur eine Gesundheitsdemokratie kann die sozialen Spannungen der Corona-Krise entschärfen, erklärt der Philosoph Frédéric Worms in Le Monde:

„Gesundheit ist nicht nur die Behandlung von Krankheiten, denn sie hat eine lokale, individuelle und heilende Dimension, aber auch eine globale, kollektive und präventive Dimension. Die getroffenen Entscheidungen betreffen nicht nur den Einzelnen, sondern auch andere. ... Wir müssen nun neue Entscheidungswege finden, die es erlauben, Gesundheit und Freiheiten, Eigenständigkeit und Wirtschaft in Einklang zu bringen, und zunächst über die Herausforderungen in sämtlichen Bereichen diskutieren. Eine Gesundheitsdemokratie, auf der viele Stimmen zurecht beharren. ... Sie erfordert neue nationale und lokale bürgerliche Beratungsinstanzen. Nur die Gesundheitsdemokratie macht die Gesundheit wirklich zu einer öffentlichen Angelegenheit.“

Frédéric Worms
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