Samstag, 31. Mai 2025

Zum Stand der russischen Rüstungsindustrie

 "Russlands Kampfkraft nehme ständig zu, haben Guntram Wolff und Ivan Kharitonov für das Institut für Weltwirtschaft (IFW) geschrieben: 

„Die Produktionskapazität des Landes ist inzwischen so hoch, dass es in etwas mehr als einem halben Jahr das Äquivalent des gesamten Arsenals der Bundeswehr produzieren kann. Seit dem Angriff auf die Ukraine hat Russland seine Kapazität zur Herstellung wichtiger Waffensysteme deutlich erhöht – bei Langstrecken-Luftabwehrsystemen etwa um den Faktor zwei und bei Panzern um den Faktor drei.“ "

FR 31.5.2025

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Donnerstag, 22. Mai 2025

Wann gab es nach 1989 den Umschlag von Friedenshoffnung in erneue Konfrontation?

Dazu Antje Vollmer

"Wann und wie entstand aus einer der glücklichsten Phasen in der Geschichte des eurasischen Kontinents, nach dem nahezu gewaltfreien Ende des Kalten Krieges, diese erneute tödliche Eskalation von Krieg, Gewalt und Blockkonfrontation? Wer hatte Interesse daran, dass die damals mögliche friedliche Koexistenz zwischen Ost und West nicht zustande kam, sondern einem erneuten weltweitem Antagonismus anheimfiel? 

Und dann die Fragen aller Fragen: Warum nur fand ausgerechnet Europa, dieser Kontinent mit all seinen historischen Tragödien und machtpolitischen Irrwegen nicht die Kraft, zum Zentrum einer friedlichen Vision für den bedrohten Planeten zu werden? 

Für die Deutung historischer Ereignisse ist es immer entscheidend, mit welchen Aspekten man beginnt, eine Geschichte zu erzählen. 

Ich widerspreche der heute üblichen These, 1989 habe es eine etablierte europäische Friedensordnung gegeben, die dann Schritt um Schritt einseitig von Seiten Russlands unter dem Diktat des KGB-Agenten Putin zerstört worden sei, bis es schließlich zum Ausbruch des Ukraine-Krieges kam. 

Das ist nicht richtig: 1989 ist eine Ordnung zerbrochen, die man korrekter als „Pax Atomica“ bezeichnet hat, ohne dass eine neue Friedensordnung an ihre Stelle trat. Diese zu schaffen, wäre die Aufgabe der Stunde gewesen. Aber die visionäre Phantasie Europas und des Westens in der Wendezeit reichte nicht aus, um ein haltbares Konzept einer europäischen stabilen Friedensordnung auszudenken, das allen Ländern der ehemaligen Sowjetunion nunmehr einen Platz verlässlicher Sicherheit und Zukunftshoffnungen anzubieten vermocht hätte. 

Zwei Gründe sind dafür entscheidend. Beide haben mit alten europäischen Irrtümern zu tun: 

Zum einen wurde der umfassende wirtschaftliche und politisch Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 einseitig als triumphaler Sieg des Westens im Systemkonflikt zwischen Ost und West interpretiert, [...] eine alte westliche Hybris und seit jeher Grund für viele Demütigungen, die das ungleiche Verhältnis zum Osten prägen. [...] Vor allem aber wurde so das ungeheure einzigartige Verdienst der sowjetischen Führung unter Michael Gorbatschow [...] als gerngesehenes Geschenk der Geschichte eingeordnet: Die große Vorleistung des Gewaltverzichts in der Reaktion auf das Freiheitsbestreben der Völker des Ostblocks galt als nahezu selbstverständlich. [...] Dass gerade diese Gewaltfreiheit das größte Wunder in der Reihe wundersamer Ereignisse war, wurde kein eigenes Thema. Es wurde vielmehr als Schwäche gedeutet. [...]

Das mag menschlich, allzu menschlich sein [...] Fatal allerdings ist, dass dieser Teil der Bürgerrechtler heute zu den eifrigsten Kronzeugen eines billigen antirussischen Ressentiments zählt. Er knüpft dabei bruchlos an jene Ideologie des Kalten Krieges an, die vom berechtigten Antistalinismus über den verständlichen Antikommunismus bis hin zur irrationalen Slawenphobie viele Varianten von westlichen Feindbildern bis heute prägt. [...]

Gerade die Grünen, meine Partei, hatte einmal alle Schlüssel in der Hand zu einer wirklich neuen Ordnung einer gerechteren Welt. Sie war durch glückliche Umstände dieser Botschaft viel näher als alle anderen Parteien. [...] Wir waren per se Dissidenten. Wir waren gleichermaßen gegen die Aufrüstung in Ost wie im Westen, wir ahnten die Gefährdung des Planeten durch ungebremstes Wirtschaftswachstum und Konsumismus. Wer die Welt retten will, musste ein festes Bündnis zwischen Friedens- und Umweltbewegung anstreben, das war eine klare historische Notwendigkeit, die wir lebten. [...] Was hat die heutigen Grünen verführt, [...] ihre wertvollsten eigenen Wurzeln verächtlich zu machen als lautstarke Antipazifisten? [...]" (Antje Vollmer: Vermächtnis, 2023)




Bürgerkrieg im Sudan

 Der Bürgerkrieg im Sudan hat bis November 2024 zu etwa 10 Millionen Flüchtlingen geführt. Nach neuesten Angaben sind es über 12 Millionen. 

Da nur wenige familiäre Verbindungen zwischen dem Sudan und Deutschland bestehen, fliehen nicht viele von ihnen nach Deutschland. Deshalb erlauben wir uns, diesen Vorgang nicht wahrzunehmen.

Donnerstag, 15. Mai 2025

Ist Gaza das neue Vietnam?

 Philosophin Susan Neiman: „Gaza ist das neue Vietnam“ FR 15.5.25

Starke Worte von Susan Neiman, der Direktorin des Einstein Forums in Potsdam

Unter anderem kritisiert sie, dass Kritiker Trumps nach Kanada gehen. Sie könne es verstehen, aber noch seien sie persönlich nicht gefährdet: "Noch ist niemand von ihnen in direkter Gefahr." 

"Noch", das gibt sie zu.  Wie lange hätte Einstein warten sollen? Das frage ich, Fonty, mich.

Über Gaza sagt sie: "Dort geht es nicht mehr um Sicherheit, sondern ums Überleben. Ich lese jeden Tag israelische, britische, amerikanische Medien. Und die Bericht aus Gaza sind kaum zu ertragen – die Zerstörung, das Leid, vor allem, das der Kinder. Was dort geschieht, ist nicht nur völkerrechtswidrig. Es widerspricht auch jeder jüdischen Moral. Ich bin nicht leichtfertig mit solchen Worten – aber es ist in der Zeit an der Zeit, sich klar zu positionieren. Das ist keine Nebensache mehr. Das ist der eigentliche Skandal."

Und in dieser Situation versucht man den Klimawandel damit abzutun, dass Greta Thunberg Antisemitin sei.

Leider ist man damit erfolgreich:

"Es gibt überhaupt kein Unrecht gegenüber den Palästinensern.. Dass es in urbanen Krieg vermehrt zivile Tote gibt hat die Hamas in dem Fall zu verantworten, aber nicht der Verteidiger.

Die Antwort auf deine Frage ist, dass sie eine lächerliche, progressive Antisemitin, wie so viele in dieser Generation sind." 98868958 auf gutefrage.net



Donnerstag, 8. Mai 2025

Ein russischer Journalist unterwirft sich der Zensur, um in Russland schreiben zu dürfen

 Dmitri Muratow tritt dafür ein, dass man russischen Flüchtlinge, die nach Deutschland gekommen sind, die Möglichkeit geben solle, sich in Deutschland eine Existenz aufzubauen, damit sie nicht nach Russland zurückkommen müssten, wo sie auf jeden Fall ins Gefängnis kämen.

Auch tritt er dafür ein, dass Selenskij alle ukrainischen Kollaborateure mit Russland freilassen und nach Russland gehen lassen sollte. Er sei zwar überzeugt, dass Putin sich nicht darauf einlassen werde, seinerseits Russen freizulassen, die mit der Ukraine zusammengearbeitet hätten, aber so könne Selenskij zeigen, dass es ihm um das Wohl der Menschen gehe und nicht um den politischen Erfolg.

Muratow wirkt deshalb glaubwürdig, weil er die Friedensnobelpreismedaille zugunsten ukrainischer Kinder versteigert hat. Die Versteigerung erbrachte über 100 Millionen Dollar.

Als sein Vorbild sieht er Bonhoeffer, der von den USA nach NS-Deutschland zurückkehrte, um die Opfer der Naziherrschaft nicht alleine zu lassen und ihnen gegenüber glaubhaft sprechen zu können, weil er sich der NS-Herrschaft unterwarf. 

ZEIT-Magazin  8.5.2025


Dienstag, 6. Mai 2025

Stellungnahme von Amnesty International zur Kanzlerwahl

 Friedrich Merz ist Bundeskanzler. Seine Regierung nimmt heute die Arbeit auf – und mit ihr die Pflicht, unsere Grundrechte zu achten und zu schützen.


Diese Verantwortung beginnt nicht irgendwann, sondern ab dem ersten Tag. Sie ist festgeschrieben in Artikel 1 unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Doch schon in seinen ersten Ankündigungen stellt der neue Kanzler dieses Fundament infrage: Zurückweisungen an der Grenze, Abschottung statt Schutz, autoritäre Rhetorik statt rechtsstaatlicher Praxis.

Wir sagen ganz klar: Das ist ein Angriff auf zentrale Prinzipien der Menschenrechte – und wir werden ihn nicht unbeantwortet lassen.
Was der Kurs der neuen Regierung für Menschenrechte bedeutet:
  • Kettenabschiebungen: Wer an Deutschlands Grenze zurückgewiesen wird, könnte ohne Verfahren weitergeschoben werden – bis in Länder, in denen Folter, Verfolgung oder der Tod drohen.
  • Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien? Das wäre menschenrechtswidrig. Kein Mensch darf in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Gefahren für Leib und Leben drohen.
  • Kein Zugang zu Rechtsbeistand: Die neue Regierung will Asylverfahren beschleunigen – und Menschen die Möglichkeit nehmen, sich rechtlich gegen ihre Abschiebung zu wehren.  
  • Rüstungsexporte für eine zufriedene Verteidigungsindustrie? Deutschland darf keine Waffen an Staaten liefern, die damit gegen Menschenrechte oder das humanitäre Völkerrecht verstoßen. Merz muss klare Grenzen ziehen.
  • Kritische Stimmen unter Druck: Die Zivilgesellschaft soll nur dann Förderung erhalten, wenn sie zu Israels Völkerrechtsverbrechen in Gaza schweigt – unfassbar.

Zum Verfassungsschutzgutachten über die AfD

 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-05/afd-gutachten-gesichert-rechtsextremistisch-beweise-landesverbaende

Samstag, 3. Mai 2025

euro|topics: Nun doch: USA und Ukraine schließen Rohstoff-Deal

Die Ukraine und die USA haben nach schwierigen Verhandlungen  ein Rohstoffabkommen  unterzeichnet. Beide Seiten sprechen von einer "historischen" Vereinbarung: Sie sieht die Schaffung eines gemeinsamen Investitionsfonds vor, der zunächst Mittel für den Wiederaufbau generieren soll. Die Medien beleuchten den Deal vorrangig unter dem Aspekt der Sicherheit und Souveränität der Ukraine.

Der Standard (AT)

Kein Ausverkauf des Landes

Der Standard begrüßt das Abkommen:

„Durch den nun ausgehandelten Deal, der nur künftige Einnahmen aus noch zu erschließenden ukrainischen Rohstoffen fünfzig-fünfzig aufteilt, mit dem US-Anteil aber wiederum den ukrainischen Wiederaufbau mitfinanzieren soll, wird ukrainischer Boden nicht ausverkauft. ... Kurzfristig ist der Deal eine Chance, Trump zumindest so lange bei Laune zu halten, bis dieser die Geduld mit Putin verliert. Mittel- bis langfristig bietet er die Chance, das Interesse Washingtons an der Ukraine hochzuhalten, bis hoffentlich ein rationalerer Akteur auf Trump folgt. Nach- oder neu verhandelt werden kann dann, wenn Trump und hoffentlich auch Putin nur mehr böse Geschichte sind, immer noch.“

Fabian Sommavilla
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Ewropeiska Prawda (UA)

Kyjiw hat sich durchgesetzt

Ewropeiska Prawda zeigt sich erleichtert:

„Seit Anfang Februar hat man in der Trump-Administration darauf bestanden, dass die gesamte militärische und finanzielle Unterstützung, die die USA den ukrainischen Partnern seit Kriegsbeginn als nicht rückzahlbare Hilfe gewährt haben, mit ukrainischen Bodenschätzen zurückerstattet wird. ... Für die Ukraine war das absolut inakzeptabel – sowohl aus finanziellen Gründen als auch, weil das einen Präzedenzfall für analoge Forderungen seitens der anderen Unterstützer der ukrainischen Armee schaffen würde. Letztendlich haben die USA nachgegeben. Und, das ist wichtig, dieses Zugeständnis wurde von Trump selbst akzeptiert – er hat seine Rhetorik geändert und spricht nun nicht mehr von 'Schulden', sondern von 'potenziellen US-Gewinnen' aus Investitionen in die Ukraine.“

Serhij Sydorenko
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The Guardian (GB)

Nicht überinterpretieren

Eine Wende stellt das Abkommen bislang nicht dar, so The Guardian:

„Die Präsenz US-amerikanischer Bürger und Unternehmen bietet nicht automatisch Schutz. Sie befanden sich bereits in der Ukraine, als Wladimir Putins Panzer 2022 über die Grenze rollten. Das Abkommen bestätigt mit Sicherheit nicht, dass Trump die US-Militärhilfe verlängern will, und stellt keine Sicherheitsgarantie für eine mögliche europäische Friedenstruppe dar. Es signalisiert nicht, dass Trump Putin den Rücken kehrt, selbst wenn er derzeit seinen Unmut über diesen äußert. Und es schließt nicht aus, dass ein größeres Wirtschaftsabkommen zwischen den USA und Russland kommen könnte.“

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Handelsblatt (DE)

Das Wichtigste fehlt

Das Handelsblatt moniert, dass das Abkommen keine Sicherheitsgarantien für die Ukraine enthält:

„Trumps Regierung betont stets, dass allein die Anwesenheit US-amerikanischer Unternehmen und deren Personal im Land russische Angriffe verhindern könne. Doch das ist ein Trugschluss: Auch heute schon befinden sich US-Unternehmen in der Ukraine. ... Hinzu kommen all die Männer, die an der Seite der ukrainischen Soldaten Russlands Truppen an der Front direkt gegenüberstehen, sowie diejenigen, die bereits gefallen sind. Russland hat offensichtlich kein Problem damit, US-Staatsbürger in der Ukraine zu töten.“

Mareike Müller
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Echo (RU)

Die Amerikaner bei der Stange gehalten

Journalistin Farida Rustamowa sieht in einem von Echo übernommenen Telegram-Post das Abkommen als Etappensieg der Ukraine im Verhandlungsprozess:

„Die Ukraine riss die Initiative an sich und konnte dem Geschäftsmann Trump etwas 'verkaufen', indem sie eine Situation schuf, in der er persönliches Interesse an der Beendigung des Krieges auf ihrem Territorium hat. Zudem ist es für Trump wichtig, dass er der Öffentlichkeit zum 100. Tag seiner Präsidentschaft nun irgendetwas Substanzielles in Sachen Beilegung des russisch-ukrainischen Konflikts vorlegen kann. ... Außerdem will man sich nicht mehr aus dem Verhandlungsprozess zurückziehen: US-Vizepräsident Vance sagte, die Amerikaner würden noch mindestens 100 Tage lang versuchen, die Seiten zu versöhnen.“

Farida Rustamowa
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Echo24 (CZ)

Beginn einer wunderbaren Freundschaft?

Echo24 lobt:

„Das ist wahrscheinlich das Maximum, das ausgehandelt werden konnte. Eine Rückzahlung bereits geleisteter US-Hilfen ist nicht vorgesehen. Es wird ein Fonds eingerichtet, an dem beide zu gleichen Teilen beteiligt sind. ... Wobei alle Gewinne in den ersten zehn Jahren in den Wiederaufbau der Ukraine investiert werden. ... Darüber hinaus könnten amerikanische Beiträge zum Fonds auch in Form von Militärhilfe erfolgen. Dies eröffnet die Möglichkeit einer fortgesetzten amerikanischen Unterstützung. ... Die Einigung ist ein diplomatischer Sieg für beide Seiten. Kyjiw hat gezeigt, dass es kompromissfähig ist und hat in Washington Sympathien gewonnen. Trump kann den Vertrag als Beweis seines Verhandlungsgeschicks vorzeigen. Vielleicht ist dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“

Ondřej Šmigol
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Nun doch: USA und Ukraine schließen Rohstoff-Deal   
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