Montag, 19. März 2018

Putins Wahlsieg, Vergiftung des Ex-Doppelagenten, Erdogans Erfolg in Afrim - euro|topics

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Triumph nach Plan: Wahlsieg für Putin
Der Sieg war höchstens in seiner Deutlichkeit noch überraschend: 76,6 Prozent der russischen Wähler haben für eine weitere sechsjährige Amtszeit von Präsident Wladimir Putin gestimmt. Angesichts einer Wahlbeteiligung von über 67 Prozent ist das eine absolute Mehrheit der Stimmen und Putins bisher bestes Ergebnis. Trotzdem sind sich Kommentatoren nicht sicher, dass dies ein Sieg auf ganzer Linie ist.
VEDOMOSTI (RU)

Welche Wahlen?

Putin hat klar gewonnen, allerdings gab es für die Bürger auch keine echte Alternative, betont Wirtschaftsprofessor Konstantin Sonin auf Vedomosti:
„Wer gegen Korruption, gegen die aggressive Politik auf der internationalen Bühne, gegen die grenzenlosen Ausgaben für Armee und Sicherheit, gegen die Politik des Protektionismus und Isolationismus und gegen eine archaische Art der Staatsführung votieren wollte, konnte niemandem seine Stimme geben. Kandidaten, die eine echte Alternative hätten darstellen können, wurden nicht zugelassen. Und was die Wahlbeobachter [der Opposition und von NGOs] betrifft: Die Organisation der Wahl hätte ihre Arbeit sinnlos gemacht, selbst wenn man sie formell zugelassen hätte. Es gab keine Wahlen.“
Konstantin Sonin
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DIE PRESSE (AT)

Der Haken an der russischen "Einigkeit"

Trotz des Wahlerfolgs sollte sich Putin nicht zu sicher fühlen, mahnt Die Presse:
„Die russische Gesellschaft ist gespalten. Sie teilt sich in jene Bevölkerungsgruppen, die am öffentlichen Leben teilnehmen und diejenigen, die sich aus dem politischen Leben zurückgezogen haben, für die die Wahlen keinerlei Glaubwürdigkeit haben. Mit letzteren besteht keine Kommunikation mehr, sie werden im besten Fall ignoriert. Nun könnte man sagen: Das ist doch höchst angenehm für die Behörden, so können sie noch leichter regieren. Kurzfristig gesehen stimmt das sicher. Doch längerfristig riskiert der Kreml damit eine Entfremdung des gut ausgebildeten, städtischen, mobilen Teils der Gesellschaft. Die von Putin postulierte Einheit und Einigkeit der Gesellschaft sind nicht nur leere Worte, sie sind gefährliche Worte.“
Jutta Sommerbauer
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STANDART (BG)

Westen versteht nichts von Stabilität

Westliche Kritik am russischen Wahlergebnis findet Standart nicht angebracht:
„Der Westen sieht alles, was in der russischen Politik passiert, voreingenommen kritisch. Das liegt daran, dass die westlichen Demokratien institutionell und politisch starken dynamischen Prozessen unterworfen sind, welche die jahrhundertealten Grundfesten des Staates und politischen Prozesse ständig hinterfragen. Während deswegen im Westen immer mehr Verfall und Unsicherheit zu beobachten sind, bleibt Russland ein Abbild staatlicher Stabilität. … Die Russen stehen hinter Putin, weil er Russland wieder zu einer Weltmacht gemacht hat, die es zu fürchten und zu respektieren gilt. Das kann ihm keiner nehmen.“
Nina Djulgerowa
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EESTI PÄEVALEHT (EE)

Die Zaren Lenin, Stalin und Putin

Kommunikationsexperte Janek Mäggi teilt in Eesti Päevaleht seine Eindrücke aus Moskau am Wahlwochenende. Die Menschen dort seien zufrieden mit der Entwicklung der Hauptstadt:
„Es war zu sehen, dass selbst Leute, die sich politisch nicht interessieren oder engagieren, zufrieden in ihrer großen Heimat leben. Garderobenfrauen, Kartenkontrolleure, Bedienungen, Kassierer - sie leben in der größten Stadt Europas, dem Herzen des Imperiums. ... Neben den Zarinnen und Zaren, so entdecke ich in Moskau, gehören heute zu den anerkannten Staatsführern auch Lenin, Stalin und Putin. Sie sind die bedeutendsten Zaren des letzten Jahrhunderts. Breschnev und Gorbatschov sind aus der Geschichte verschwunden.“
Janek Mäggi
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Triumph nach Plan: Wahlsieg für Putin
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An der Schwelle zum neuen Kalten Krieg?
Der Skandal um die Vergiftung des Ex-Doppelagenten Skripal hat eine diplomatische Krise zwischen London und Moskau ausgelöst. Auf die Ausweisung 23 russischer Diplomaten reagierte Russland nicht nur mit der Ausweisung britischer Diplomaten, sondern auch mit der Schließung des britischen Generalkonsulats in Sankt Petersburg. Kommentatoren sehen die internationalen Beziehungen vor weitreichenden Veränderungen.

"Steckt Russland hinter dem Anschlag ..." 19.3.2018
[...] 1995 starben bei einem Chemiewaffenanschlag in der Tokioter U-Bahn zwölf Menschen. Giftgasexperten hatten bis dahin einmütig angenommen, solch eine Tat sei nur mit staatlicher Unterstützung ausführbar. Doch am Ende steckten ausschließlich Mitglieder der bis dato kaum bekannten Aum-Sekte hinter der Tat, zu denen auch Wissenschaftler zählten.Vertreter der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) aus Den Haag sollen nun in internationalen Labors das Nervengift genauer untersuchen. Zwei Wochen oder länger. Ob ihre Erkenntnisse stichfeste Hinweise auf die Herkunft des Stoffs und die möglichen Drahtzieher liefern, ist dabei völlig offen.

Russland erwartet Beweise – oder eine Entschuldigung 19.3.18
„Entweder muss man sie mit irgendwelchen Beweisen untermauern oder sich entsprechend entschuldigen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau. Peskow sagte, aus seiner Sicht bedeute der Konflikt mit London keine generelle Verschärfung im Verhältnis zum Westen.  „Es geht um einen schwer zu erklärenden, unmotivierten, unbegründeten Strom an Verleumdungen gegen Russland vonseiten Großbritanniens“, sagte er der Agentur Interfax zufolge.
NEATKARĪGĀ (LV)

Kriegsreden erobern russischen Alltag

An dem Vergiftungsfall in Salisbury kann man ablesen, dass die Stimmung in Russland immer mehr kippt, analysiert Neatkarīgā besorgt:
„Die Welt hat sich in den vergangenen vier Jahren verändert. Sie ist instabiler geworden, die Unsicherheit wird sichtbarer. ... In der öffentlichen Debatte verhält sich Russland immer häufiger wie ein Hooligan. In diversen TV-Shows ist das Gerede über einen möglichen kalten Krieg schon Alltag geworden, so als plaudere man übers Wetter. Putin selbst und die geladenen Talkshow-Gäste sprechen mit Freude über das Kriegsthema. Man erwähnt einen möglichen Krieg mit der gleichen Begeisterung, als wenn man von einer lang erwarteten Feier spricht.“
Bens Latkovskis
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KOMMERSANT (RU)

Die Zeichen stehen auf Konfrontation

Beide Seiten scheinen den Konflikt anfachen zu wollen, analysiert Kommersant:
„Der Moskauer Reaktion nach zu urteilen, glaubt man dort nicht, dass sich der Konflikt mit London alsbald beruhigt, und man setzt - so wie die britische Führung - auf Verschärfung. ... Vieles hängt nun davon ab, ob es London gelingt, seine Alliierten mit in den Konflikt hineinzuziehen und den 'Fall Skripal' zur neuen Krise zwischen Russland und dem Westen zu machen. Entsprechende Anzeichen gibt es. ... Die russische Führung zeigt mit ihrem Verhalten, dass sie diese Perspektive nicht scheut, Londons Herausforderung ist angenommen. ... Beide Seiten werden in einen neuen Kalten Krieg gezogen. Und es scheint, als wären sie davon berauscht.“
Maxim Jussin
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LA STAMPA (IT)

Wie ein Kalter Krieg, nur ohne Regeln

Kein Kalter Krieg, sondern schlimmer, so beurteilt EU-Korrespondent Stefano Stefanini in La Stampa die Lage:
„Der Westen - wir Europäer - müssen einen Weg finden, mit einem Putin umzugehen, der sein viertes Mandat in einem Klima der Feindseligkeit beginnt. Der Fall Skripal war nur die Spitze des Eisbergs. ... Dies ist kein Kalter Krieg, denn Russland ist noch fest verankert im Netz der Globalisierung. ... Dies ist schlimmer, weil die Regeln fehlen. Dem Westen bleibt also nur, zu schauen, was für Putin zählt. Putin respektiert Macht und Entschlossenheit und will in Europa und im Atlantischen Bündnis Zwietracht säen. Dialog und Verhandlungen mit Moskau, so unabdingbar sie sind, müssen deshalb mit militärischer Abschreckung und politischer Standhaftigkeit einhergehen. Und vor allem mit europäischer und atlantischer Solidarität. Den Luxus einer Spaltung kann sich der Westen nicht leisten.“
Stefano Stefanini
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THE DAILY TELEGRAPH (GB)

Die Nato stößt an ihre Grenzen

Für The Daily Telegraph ist die Situation gar ein Anlass, an der Nato in ihrer aktuellen Ausrichtung zu zweifeln:
„Unsere gemeinsamen Interessen mit anderen demokratischen kapitalistischen Staaten gehen weit über Europa und den Nordatlantik und sogar weit über den Konflikt mit Moskau hinaus. Wir sollten klar zu Südkorea und Japan stehen, die sich gegen ein atomar aufgerüstetes Nordkorea wehren - und zu Taiwan, das sich vom kommunistischen Festland abgrenzt. Wir sollten außerdem viel leidenschaftlicher mit Israel, diesem Außenposten der stabilen Demokratie im Nahen Osten, zusammenarbeiten. Es ist befremdlich, dass wir in einem Nato-Bündnis mit der Türkei stehen, die sich zu einem autoritären Regime nach dem Vorbild Russlands entwickelt hat.“
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An der Schwelle zum neuen Kalten Krieg?
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Afrin unter türkischer Kontrolle
Von der Türkei unterstützte Truppen haben die nordsyrische Stadt Afrin eingenommen. Die kurdischen Milizen leisteten anscheinend wenig Widerstand. Europa muss Erdoğan klar die Grenzen aufzeigen, fordern manche Kommentatoren, während ihn andere im Inland als Kriegshelden feiern.
DEUTSCHLANDFUNK (DE)

Erdoğan Einhalt gebieten

Sanktionen und eine klare Haltung gegenüber der Türkei fordert der Deutschlandfunk:
„Schluss mit der Schockstarre, und Schluss mit der gefährlichen Hoffnung, ein paar Wochen Krieg könnten sogenannte Terroristen eliminieren und im Norden Syriens eine neue Art von Ruhe schaffen. Auch wenn es die Vereinten Nationen auf wiedermal blamable Weise nicht geschafft haben, wenigstens einen möglichen gangbaren Weg zu mehr Frieden in Syrien aufzuzeigen. Auch wenn sich ein türkischer Präsident Erdogan einen Dreck zu scheren scheint um Beschlüsse in New York. Nur die internationale Gemeinschaft kann durch Sanktionen, Strafen und glasklare Forderungen dafür sorgen, dass nicht immer mehr Leid und Unheil im Norden Syriens in den kommenden Wochen wuchern kann.“
Michael Lehmann
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DER STANDARD (AT)

Geopolitische Sollbruchstelle der Nato

Die Folgen der türkischen Offensive in Afrin gehen weit über den regionalen Konflikt hinaus, erklärt Der Standard:
„Die türkisch-kurdisch-syrische Grenze ist inzwischen eine Art geopolitische Sollbruchstelle geworden, an der das Nato-Mitglied Türkei gemeinsame Sache mit den Erzfeinden der Amerikaner - Russland und Iran - macht. Die Vereinigten Staaten ihrerseits sind nicht in der Lage, ihre Verbündeten in Ankara von einer Intervention abzuhalten, die für die meisten Beobachter völkerrechtswidrig ist und jedenfalls gegen die Interessen der USA läuft. Anders gesagt: Jeder Schuss, der in Afrin fällt, ist auch ein Schuss ins Knie der Nato. “
Christoph Prantner
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KARAR (TR)

Auch ein Sieg gegen die PKK

Erdoğans ruhmreicher Sieg sollte die PKK endlich dazu bringen, die Waffen niederzulegen, freut sich hingegen Kolumnist Hakan Albayrak in Karar:
„Gott sei Dank wurde dies erreicht, ohne Afrin zu zerstören oder Blut zu vergießen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan ist seinem Titel als Oberbefehlshaber gerecht geworden. ... Diese neuen Entwicklungen in Nord-Syrien wirken sich auch innenpolitisch in der Türkei aus und sollten die PKK dazu bringen, bedingungslos die Waffen niederzulegen. Wenn wir von den inneren Angelegenheiten der Türkei sprechen, möchte ich insbesondere anmerken, dass ein Großteil der PKK-Basis wütend auf die PKK ist, weil sie den Frieden beendet hat, und dass sie diese Wut zum Ausdruck bringt, indem sie die Solidaritäts-Aufrufe der PKK unbeantwortet lässt.“
Hakan Albayrak

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